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Bielefeld School of Education – BiSEd

Bielefelder Lehrer*innenbildung

© Universität Bielefeld

Die Organisation von Schreibprodukten in Gruppenprozessen

Fach: Germanistik

Betreuende*r Dozent*in: Anke Schöning& Katharina Geßner

Studiengang: GymGe

Studienprojektvariante: Forschung über die eigene unterrichtspraktische Tätigkeit

Forschungsmethode: quantitativ

 

Forschungsfrage

Wie arbeiten SuS in kooperativen Gruppenphasen? Damit ist gemeint, wie SuS in kooperativen Gruppenphasen arbeiten, wie sie sich organisieren, Absprachen treffen, disziplinieren und diskutieren und allgemein mit der Bedingung der Kooperation umgehen, um die Aufgabe zu lösen.

Das Studienprojekt widmete sich der Untersuchung einer Gruppenarbeit zu einer Jugendlektüre im Deutschunterricht einer siebten Klasse. Dabei wurde eine Textstelle mit der Aufgabe bearbeitet, als Gruppe einen Dialog zu verfassen. Die Klasse wurde in vier Gruppen eingeteilt. Zwei Gruppen haben die zu bearbeitende Textstelle gehört und zwei Gruppen gelesen. Schließlich wurden diese Gruppenarbeiten über den gesamten Arbeitsprozess gefilmt, um die unterschiedlichen Interaktionen der Gruppen beobachten zu können.

Die SuS durchlaufen den gemeinsamen Produktionsprozess als Planende, Formulierende und Adressaten in einem permanent-ineinander Übergreifen. Das verdeutlicht, wie anspruchsvoll die Entwicklung eines gemeinsamen Schreibproduktes ist (vgl. Becker-Mrotzeck & Böttcher, 2015, S.43). Die Erstellung eines gemeinsamen Schreibprodukts erfordert bei den SuS die Notwendigkeit ihre Aktivitäten und Gedanken zu verbalisieren, um die Formulierungsaufgabe gemeinsam lösen zu können (vgl. Lehnen, Katrin (2000).

Forschungsmethode: quantitativ

Eine 7.Klasse eines Gymnasiums wurde für eine Doppelstunde des Deutschunterrichts in vier Gruppen aufgeteilt. Dabei sollten sich die SuS die Gruppen selbst aussuchen, damit sie mit SuS ihrer Wahl zusammenarbeiten dürfen, um die Bedingung der Kooperation zu erleichtern. Schließlich bekamen sie in den Gruppen den Auftrag zur gemeinsamen Produktion eines Dialogs und wurden dabei in einem extra Raum bei ihrer Gruppenarbeit gefilmt. Anschließend wurden anhand der Theorie Kategorien zur Beobachtung nach Lehnen (2000) gebildet, um die genannten Forschungsfragen zu bearbeiten.

Die erforderte wechselseitige Abhängigkeit der Gruppenmitglieder bei kooperativen Arbeitsformen war bei den beiden Textgruppen deutlich erkennbar, während bei den beiden Hörgruppen nur in Ansätzen von einer wechselseitigen Abhängigkeit zu sprechen ist, weil in beiden Gruppen hauptsächlich die Schreibenden selbst um das Schreibprodukt bemüht waren. Die damit einhergehende Mehr-Verantwortung an die SuS von Gruppenarbeiten allgemein, für ihren eigenen Arbeitsprozess verantwortlich zu sein, ist in der Hinsicht kritisch zu reflektieren, weil diese Mehr-Verantwortung dafür genutzt wurde, die Arbeit auf andere Gruppenmitglieder zu verlagern und sich selbst der Arbeit zu entziehen. Die erhöhte Verantwortung an die SuS ein gemeinsames Endprodukt zu erstellen, erleichtert es offensichtlich, die Verantwortung an einzelne Gruppenmitglieder abzugeben. Inwiefern dadurch die individuellen Schreibfähigkeiten und -strategien aller Gruppenmitglieder gefördert wurden, ist aufgrund der mangelnden Mitarbeit ebenfalls zu hinterfragen. Fraglich bleibt daher, ob diese Erkenntnisse auf die Gruppenzusammensetzung oder auf die unterschiedlichen Medien zurückzuführen sind.

Rückblickend gesehen stellten sich die Videoaufnahmen für dieses Forschungsvorhaben als äußerst wertvoll heraus, weil es so überhaupt möglich war, alle Gruppen im Arbeitsprozess zu beobachten. Die Analyse anhand ausgewählter Kategorien stellte sich allerdings als sehr zeitintensiv, aufgrund der hohen Menge an Datenmaterial, heraus. Dennoch hat mir das Forschungsvorhaben verdeutlicht, dass es sich auf jeden Fall lohnt, Gruppenprozesse genauer zu betrachten und zu reflektieren. Denn für die eigene Professionalisierung als angehende Lehrkraft, hätten die beiden Hörgruppen rückblickend gesehen, eine stärkere Präsenz der Lehrkraft benötigt, um alle Gruppenmitglieder mehr in die Verantwortung für das Schreibprodukt zu nehmen. Mir verdeutlicht diese Untersuchung, dass kooperative Arbeitsformen in jedem Fall viele Vorteile mit sich bringen, allerdings auch im Hinblick auf die Gruppenzusammensetzung kritisch reflektiert werden müssen. Rückblickend würde ich daher entweder die Gruppen anders zusammensetzen oder überprüfen, wie der Arbeitsprozess aussieht, wenn die beiden Hörgruppen mit den Textgruppen tauschen. Dadurch, dass die beiden Hörgruppen Gruppenmitglieder beinhalteten, die sehr offen für Privatgespräche oder ähnliches waren, ist zu vermuten, dass diese offene Arbeitsform nicht für sie geeignet war. Schlussfolgern lässt sich auch, dass die Gruppen bislang wenig Erfahrungen im Bereich des Hörverständnisses haben. Während die Textgruppen als Grundlage den Text vor sich hatten und anhand von Markierungen ein individuelles Textverständnis sichern konnten, gab es diese Möglichkeit bei den Hörgruppen nicht. Bei Arbeitsformen zum Hörverständnis sollte daher in der Anleitung darauf verwiesen werden, Stichpunkte während des Hörens zu notieren, um ein individuelles Hörverständnis zu sichern.

Becker-Mrotzeck, Michael/Böttcher, Ingrid (2015): Schreibkompetenz entwickeln und beurteilen. Unter Mitarbeit von Julia Dreher, Jörg Jost, Frank Schneider und Klaus Tetling. Berlin: Cornelsen.

Dann, H.D./Diegritz, Th./Rosenbusch, H.S. (1999): Gruppenunterricht im Schulalltag. Realität und Chancen. Erlangen: Universitätsbund.

Hochstadt, Christiane/Krafft, Andreas/Olsen, Ralph (2013): Deutschdidaktik. Konzeptionen für die Praxis. Tübingen und Basel: A. Francke.

Lehnen, Katrin (2000): Kooperative Textproduktion. Zur gemeinsamen Herstellung wissenschaftlicher Texte im Vergleich von ungeübten, fortgeschrittenen und sehr geübten SchreiberInnen. Dissertation. Universität Bielefeld.

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