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Netzwerk zum Schreiben im Fachunterricht der gymnasialen Oberstufe (Sek. II)

Frau am Schreibtisch
© Jewgeni Roppel

Zentrale Begriffe kurz erklärt: Authentische Schreibarrangements / Profilierte Aufgaben

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Der Schreibunterricht in Deutschland bestand traditionell lange aus sogenanntem „Aufsatzunterricht“. Es wurden Textformen wie Bericht, Erzählung etc. vermittelt, allerdings ging es dabei weniger darum, tatsächlich etwas zu erzählen oder zu berichten. Stattdessen war der Fokus in erster Linie darauf gerichtet, dass Schüler:innen bestimmte Textformen beherrschten. Das Erlernen dieser Formen war damit – so die Kritiker des Aufsatzunterrichtes – zum Selbstzweck geworden (vgl. Bachmann & Becker-Mrotzek, 2010, S. 191).

Erst in den 1980er Jahren kam es, angestoßen durch die Schreibforschung aus dem anglo-amerikanischen Raum, zu einer Veränderung dieser „Aufsatzdidaktik“. Es wurde immer deutlicher, dass Aufgaben, die das Schreiben in einen authentischen und sozialen Kontext einbinden, als motivierender empfunden werden und zu besseren Ergebnissen führen.

Bachmann und Becker-Mrotzek (2010, S. 195) bezeichnen solche Aufgaben als „Schreibaufgaben mit Profil“ und definieren sie durch mehrere Kriterien. Gute profilierte Schreibaufgaben haben 1) eine identifizierbare Funktion, d. h. Schreiber:innen müssen das Ziel kennen, um sinnvoll planen und strukturieren zu können; sie sind 2) so strukturiert, dass die Schreibenden über das für die Aufgabe notwendige Wissen verfügen; sie sind 3) in den Kontext einer sozialen Interaktion eingebunden; außerdem gibt es 4) eine Gelegenheit, die Wirkung auf den Leser zu überprüfen (z. B. in einer Schreibkonferenz) (vgl. Bachmann & Becker-Mrotzek, 2010, S. 195). 

Abbildung zeigt die im Text beschriebenen Bedingungen für Schreibaufgaben mit Profil
Abb. 1: Kriterien für Schreibaufgaben mit Profil

Durch diese Kriterien soll sichergestellt werden, dass die Aufgaben für die Schreibenden eben nicht nur dafür da sind, z. B. die Textform „Bericht“ zu lernen, sondern dass tatsächlich jemandem etwas berichtet wird und dass es auf diesen Bericht auch eine Reaktion gibt.

Ähnlich ist das Konzept der „authentischen Schreibaufgaben“ von Bräuer und Schindler (2010). Hier liegt der Fokus neben der Profilierung der Aufgaben, wie bei Bachmann und Becker-Mrotzek, noch stärker auf Schreibroutinen und einer „didaktische[n] Zerlegung von komplexen Schreibaufgaben in einzelne Aufgabenbestandteile“ (Bräuer & Schindler, 2010, S. 2). Eine solche Zerlegung führt dazu, dass komplexe Aufgaben in einzelnen Schritten leichter erlernbar werden. Außerdem entlastet die Aufteilung laut Bräuer und Schindler das Arbeitsgedächtnis beim Schreiben, da so nicht alle Aspekte (z. B. Inhalt, Struktur und sprachliche Fähigkeiten) gleichzeitig im Fokus stehen (vgl. Bräuer & Schindler, 2010, S. 2). 

Eine empirische Pilotstudie zu den Schreibaufgaben mit Profil zeigt, dass diese „sich tendenziell positiv auf die Schreibleistungen aller Schüler / innen auswirken, d.h. unabhängig von Geschlecht, Erstsprache und sozialem Status“ (Bachmann & Becker-Mrotzek, 2010, S. 191). Diese Ergebnisse können wir – sowohl für profilierte als auch für authentische Schreibaufgaben – aus unserer eigenen Unterrichtserfahrung nur bestätigen. 

Um Schreibaufgaben wirklich sinnvoll einbetten und das Schreiben effektiv als Medium des Lernens nutzen zu können, bedarf es allerdings idealerweise längerer Schreibzusammenhänge, sogenannter Schreibarrangements

Christina Hartner, Bielefeld im Juli 2022


Weiterführende Literatur:

Bachmann, T. & Becker-Mrotzek, M. (2010). Schreibaufgaben situieren und profilieren. In T. Pohl & T. Steinhoff (Hrsg.), Textformen als Lernformen (191-209). Gilles und Francke. 

Bräuer, G. & Schindler, K. (2010). Authentische Schreibaufgaben. Zeitschrift Schreiben. https://zeitschrift-schreiben.ch/globalassets/zeitschrift-schreiben.eu/2010/braeuer_schindler_schreibaufgaben.pdf

 

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