Seit dem Ersten Weltkrieg erschienen Massenkommunikation und Propaganda stärker als jemals zuvor als integrale Faktoren des Kriegsgeschehens. Diese Erfahrung beschäftigte seit Kriegsende dies- und jenseits des Atlantiks viele Menschen und legte es nahe, dass massenmediale Kommunikation zu einer politischen Herausforderung geworden war, über die es mehr zu wissen und herauszufinden galt. In dem Projekt soll untersucht werden, wie sich das Nachdenken über Massenkommunikation und Politik verwissenschaftlichte und welche Beziehungen zwischen staatlicher Kommunikationspolitik und wissenschaftlicher Kommunikationsforschung bestanden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Entwicklungen in den USA zwischen den 1920er Jahren und dem frühen Kalten Krieg, aber auch die Sowjetunion und Deutschland werden vergleichend-verflechtungsgeschichtlich einbezogen. Gefragt wird erstens nach den Diskursen und Diskursstrategien, Massenkommunikation als eine Herausforderung für die Politik konzeptualisierten, der mit systematischer Expertise zu begegnen sei. Zweitens geht es um die Frage, in welcher Weise sich die Erfahrung totalitärer Propagandaregime und die wechselseitige Beobachtung dreier Gesellschaften, die in besonderer Weise im Fokus der Kriege und weltpolitischen Spannungen des „Jahrhunderts der Extreme“ standen, das Nachdenken über Massenkommunikation und Politik vorangetrieben und geprägt haben. Drittens werden in einer Kombination von politik-, medien-, wissenschafts- und wissensgeschichtlichen Bestrebungen untersucht werden, Kommunikationspolitik auf eine wissenschaftliche Grundlage zu stellen bzw. von einem wissenschaftlichen Fundament aus zu betreiben. Dabei geht es einerseits um die Präsenz von Wissenschaftlern und Experten innerhalb des politischen Feldes, insbesondere um Auftragsforschungen und Beratungstätigkeiten, andererseits um politische Erwartungen, Visionen, Konzeptionen, Strategien und Planungen, die sich aus den Tendenzen zur Verwissenschaftlichung und den damit verbundenen Hoffnungen ergaben. Hieraus ergibt sich eine alternative Geschichte von Verwissenschaftlichungsprozessen und Expertentum im 20. Jahrhundert, die von Ungleichzeitigkeiten, Gegenläufigkeiten und Widersprüchen gekennzeichnet ist.
Bearbeiter: Benno Nietzel
Teilprojekt C03, "SFB 1288"
Das Teilprojekt untersucht die Semantik des Vergleichens für die europäische Neuzeit seit 1500. Dies geschieht auf drei Ebenen: einfache Bezeichnungen für das Vergleichen, explizite Definitionen des Vergleichens, Vollzüge von Vergleichen in Sätzen. Das Teilprojekt geht von der Hypothese aus, dass in der frühen Neuzeit Vergleiche in Form von Analogien zurückgingen, dagegen progressive, an das Modell des Wettbewerbs angelehnte Vergleiche zunahmen, schließlich in Reaktion darauf, etwa seit 1800, Behauptungen von Gleichwertigkeit trotz Differenz oder völliger Unvergleichbarkeit an Bedeutung gewannen.
Projektleiter: Willibald Steinmetz
The struggle about the right economic order seen as a key social, political and cultural conflict in postwar Europe presents the starting point of my research project. Not only within the Eastern Bloc, but across the European continent socialist demands and the idea of economic planning were predominant after 1945. Contrary to the prevalent 'Zeitgeist', West Germany surprisingly quickly returned to- and consolidated a market economy in 1948 - decades before the neoliberal doctrine rose in popularity elsewhere and was reestablished as the dominant world view. To expound how it was possible not only to implement liberal policies against the predominant public mood, but also to establish and consolidate a market economy as an incontrovertible ideal order, is a central research objective.
The liberal doctrine, it is presumed, owes its ascendancy to the strong advocacy of neo- respectively ordoliberal scholars, their networks and conceptual frameworks promoted during the first postwar decades. These 'theorists' are seen as major agents of political change, having successfully spread and engraved their convictions among political practitioners and the wider public.
The project is based on a conceptual approach, paying close attention to semantics and the conceptual struggles among neoliberal scholars. The study will accordingly focus on the related- but likewise competing visions of an ideal society developed within national as well as transnational fora and networks. By ways of taking transnational networks into account - comparing and contrasting the debates and the provided lines of reasoning - the project sheds light on the transfer of concepts and the relationship between transnational norm creation and national implementation.
The phd research is conducted in close cooperation with the international collaborative research project "Towards Good Society: Conceptualizing the Social Through the Economic from the 1930s until Today" , managed by Hagen Schulz-Forberg (Aarhus University).
Bearbeiter: Arne Käthner
Das geschichtswissenschaftliche Dissertationsprojekt untersucht Seestreitkräftevergleiche von den 1890ern bis in die 1930er Jahre. Seestreitkräftevergleiche stehen hierbei vor allem als zentrale historische Praxis politischer und militärischer Akteure im Fokus. Das Ziel ist es, diese Praxis sowie den Einfluss des Vergleichens auf die zwischenstaatlichen Beziehungen innerhalb des internationalen Systems in Zeiten maritimer Rüstungswettläufe und Rüstungskontrollbestrebungen zu erforschen.
Am Beispiel der Großmächte Großbritannien, Frankreich, Deutsches Reich und den USA wird herausgearbeitet, wer wann, mittels welcher Praktiken und zu welchem Zweck nationale Seestreitkräfte miteinander verglichen hat. Wie wurden Vergleichspraktiken, -kategorien und -maßstäbe über den Untersuchungszeitraum hinweg von den Akteuren entwickelt und institutionalisiert? Welche Funktionen und Auswirkungen hatten diese Vergleiche in Situationen zwischenstaatlicher Konkurrenz?
Bearbeiter: Kerrin Langer
Ausgehend von der Geschichte der Familien- bzw. Systemischen Therapie als historischer Sonde wird der Prozess der Therapeutisierung analysiert. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der BRD und der Zeit von der einsetzenden Rezeption der us-amerikanischen Familientherapie zu Beginn der 1960er Jahre bis zur Etablierung und Ausdifferenzierung in der bis heute existierenden Form Ende der 1990er Jahre. Die Arbeit schließt dabei an das foucaultsche Konzept der Technologien des Selbst an, welches für die historische Arbeit operationalisiert werden soll. Dafür werden vier heuristische Ebenen in die Analyse der Selbsttechnologien eingezogen: Institutionalisierung, Wissen bzw. Epistem, soziale Praktiken und schließlich Normen bzw. „Telos“ der Subjektivierung. Die detaillierte Untersuchung der Technologien des Selbst in der Familien- bzw. Systemischen Therapie wird mittels der historischen Diskursanalyse im breiteren gesellschaftlichen Kontext von Psychiatriereform, Wandel der Familie, New Age etc. verortet. Auf diese Weise soll die Geschichte des Selbst im Allgemeinen und die der Therapeutisierung des Selbst im Besonderen in den Problemhorizont der Zeitgeschichtsschreibung transferiert werden.
Bearbeiter: Jens Elberfeld
Auf der Basis von französischen, britischen und deutschen Quellen und aus der Perspektive der Historischen Semantik analysiert die Arbeit die Emergenz der modernen Kulturkritik im 18. und frühen 19. Jahrhundert. Im Kontext der ‚Verzeitlichung‘ (Koselleck) kulturreflexiver Diskurse bildete sich in diesem Zeitraum ein neuer Diskurs heraus, der als Gegenstimme gegen die Moderne selbst spezifisch moderne Züge trug (und trägt). Durch die Fokusverschiebung von der kanonischen ‚Familie‘ kulturkritischer Dichter und Denker hin zu den Familienähnlichkeiten ihrer Sprache rückt ein stark erweiterter Quellenkorpus in den Blick. Die Verortung des Diskurses in zeitgenössischen Debatten über Höflichkeit, Aufklärung, Sprachentwicklung und Luxus ermöglicht die Bestimmung der zeitgenössischen Funktionen des Diskurses in verschiedenen Kontexten. Darüber hinaus tritt so die Spezifik der modernen Kulturkritik in Abgrenzung von ihren kritischen Vorgängerdiskursen hervor. Der europäisch-vergleichende Ansatz ermöglicht es schließlich, die übliche Vorstellung der Kulturkritik als ‚typisch deutsches‘ Phänomen zu hinterfragen und auf internationale Debatten und Transferprozesse hinzuweisen.
Bearbeiter: Theo Jung
Im Janaur 2017 verteidigte Dissertation, Publikation in Vorbereitung
Bearbeiter: Kristoffer Klammer
Die Studie zeichnet die semantischen Konfliktlinien zwischen einem expansiven Politikbegriff und dem Privaten im Nationalsozialismus nach. Gerade wegen der zahlreichen Angriffe auf private Lebensbereiche begünstigte der Nationalsozialismus die Fähigkeit zwischen Privatem und Nichtprivatem zu unterscheiden. Private und nichtprivate Kommunikationssituationen voneinander trennen zu können und zuverlässige Freunde von potenziellen Denunzianten unterscheiden zu können, waren letztlich auch Voraussetzungen, um Privates bis zu einem gewissen Grad wieder erfahrbar zu machen. Die Implementierung neuer gesellschaftlicher Hierarchien schlug sich überdies ebenfalls in der Sprache des Privaten nieder: Freunde und Wohnungen wurden beispielsweise zu jüdischen und „arischen“ Freunden oder Wohnungen mit je eigenen Bedeutungen.
Bearbeiter: Christian Meyer
Bearbeiter: Mathias Schafmeister
Über kaum ein gesellschaftliches Verhältnis wird so viel und so heftig gestritten wie über jenes zwischen Wirtschaft und Politik. Wie viele und welche politischen Eingriffe verträgt die Wirtschaft? Gibt es einen ‚Primat der Ökonomie‘ über die Politik? Wie lässt sich das Verhältnis der beiden Bereiche zueinander festlegen? Die Studie unternimmt einen kritischen, historisch gesättigten Einblick in diesen Diskurs und zeigt, wie sich vom 19. Jahrhundert bis in die 1970er Jahre im Sprachgebrauch von Unternehmerverbänden und liberalen Ökonomen und Politikern ein Grundmuster der ‚begrenzten Abhängigkeit‘ von Wirtschaft und Politik herausgebildet hat. Zusammenfassen lassen sich Struktur wie Effekt des Grenzziehungsdiskurses in der Auffassung des Politischen als ‚konstitutivem Außen‘ des Ökonomischen. Dies beinhaltet zweierlei: Zum einen entsteht erst über die Abgrenzung von einem Außen, dem Politischen, die Evidenz eines Bereiches ökonomischer Gesetzmäßigkeiten, Strukturlogiken und Handlungsmuster. Das Außen ist in diesem Sinne also konstitutiv für das Innen, für die ‚Evidenz‘ und ‚Eigenmächtigkeit‘ des Ökonomischen. Zum anderen kann dieses Außen, also das Politische, aber auch als konstitutiv für das Ökonomische begriffen werden, wenn man den empirischen Inhalt wirtschaftsliberaler Diskurse auf der Ebene der Äußerungen betrachtet. Denn es geht dort wie beschrieben selten um eine totale Negierung von ‚Politik‘. Vielmehr werden an ‚die Politik‘ diverse Forderungen herangetragen, die sie gegenüber ‚der Wirtschaft‘ erfüllen soll.
Bearbeiter: Stefan Scholl