Im Sommersemester 2023 startete der für mich bislang spannendste Teil meines Bachelor-Studiums: Mein Erasmus Semester an der Université Libre de Bruxelles (ULB). Nachdem ich die ersten Semester während der Corona-Zeit überwiegend online studiert habe, war die Zeit in Brüssel voller neuer Eindrücke, die ich nicht missen möchte. Da das akademische Jahr in Belgien anders strukturiert ist als in Deutschland war mein Start zuerst etwas stressig. Die Kurse des Sommersemesters begannen in Brüssel in der zweiten Februarwoche wodurch es zu einer Überschneidung mit dem Wintersemester in Bielefeld kam. Ich war froh, dass ich mich bereits frühzeitig über die Termine informiert hatte, sodass ich im Wintersemester in Bielefeld nur Kurse besuchte, für die ich Hausarbeiten oder Essays einreichen musste. Anders als bei Klausuren oder mündlichen Prüfungen konnte ich meinen Arbeitsprozess frei gestalten und die Arbeiten in Brüssel beenden. Nach dieser ersten Herausforderung konnte mein Erasmus-Semester endlich losgehen!
Während meines Auslandssemesters habe ich in einer WG im Stadtteil Etterbeek gewohnt, was mir sehr gut gefallen hat. Da meine Mitbewohner auch überwiegend internationale Studenten waren, haben wir gemeinsame Aktivitäten unternommen und WG-Abende verbracht, was sehr schön war. Der Stadtteil Etterbeek grenzt an das Europa-Viertel und bietet mit dem Cinquantenaire Parc und Leopold Parc die Möglichkeit, nach einem Unitag einen entspannten Spaziergang oder eine Laufrunde im Grünen einlegen zu können. Mit der Tram fährt man von Etterbeek aus circa 30 Minuten zur Uni.
Am Wochenende vor dem Kursbeginn hat das Erasmus-Student-Network der ULB bereits ein Kennenlern-Treffen für alle Erasmus-Studenten mit einer Campus- Tour organisiert, bei der ich erste Kontakte knüpfen und bereits Kommilitonen kennengelernt habe, die auch Kunstgeschichte studieren. Wir konnten uns direkt vernetzen und haben in den folgenden Wochen viel gemeinsam unternommen. Wir waren zum Beispiel im Europäischen Parlament, im Musée des Beaux Arts und einen Tag in Antwerpen. Zum Semesterstart habe ich bekannte Gesichter in den ersten Vorlesungen wiedergetroffen und in einem Französisch-Sprachkurs neue Freunde kennengelernt. Die Vielfältigkeit des Kursangebots in Brüssel hat mich überzeugt, da auch eine Vorlesung angeboten wurde, die sich mit Theorien der Restaurierung von Kulturgütern sowie der historischen Entwicklung von Museen beschäftigt. Außerdem setzt das Studienfach „Histoire de l’art et archéologie“ an der ULB einen archäologischen Schwerpunkt, der mich interessiert hat, da vergleichbare Kurse in Bielefeld nicht angeboten werden.
Da alle kunsthistorischen Kurse auf Französisch angeboten wurden, war ich sehr froh über die Möglichkeit einen Sprachkurs zu belegen (den ich mir anrechnen lassen konnte). Auch wenn die ersten Wochen der Vorlesungszeit für mich sehr arbeitsintensiv waren und ich viele Fachvokabeln lernen musste, kann ich nur weitergeben, dass sich der Aufwand gelohnt hat und mein Französisch sehr von der Zeit in Brüssel profitiert hat. Bei Fragen oder Problemen konnte mir die zuständige Erasmus-Koordinatorin vor Ort immer helfen und meine Fragen beantworten. Insgesamt ist mir aufgefallen, dass die Lehre an der ULB nicht so forschungsnah ist wie an der Universität Bielefeld, da wenig Literatur von den Studierenden vorbereitet werden muss und die Kurse größtenteils Vorlesungscharakter haben. Dennoch konnte ich in meinem Auslandssemester sehr viel lernen und an neuem Wissen mitnehmen. Besonders gut gefallen hat mir der regionale Bezug der Seminarthemen. Da sich die Kurse viel auf flämische und holländische Malerei bezogen und einige bekannte Kunstwerke in Museen in Brüssel, Gent, Antwerpen oder Brügge aufbewahrt werden, konnte ich diese aufgrund der kurzen Entfernungen in Belgien an den Wochenenden im Original sehen und gleichzeitig mit meinen Freunden Ausflüge unternehmen. Während meines Auslandssemesters habe ich sehr viele Tagesausflüge mit Freunden unternommen, da die Distanzen zwischen den Städten kurz sind und man mit einem „Aller-retour-ticket“ preiswert und ohne Zugbindung flexibel durch das Land reisen konnte.
Abschließend kann ich nur sagen, dass das Auslandssemester für mich eine tolle Erfahrung war und ich traurig bin, dass dieses halbe Jahr so schnell vergangen ist. Mein Erasmus-Semester in Brüssel ist eine der schönsten Erfahrungen meines Studiums und ich konnte viele neue Freundschaften schließen, die auch über das Studium hinaus weiterbestehen. Auch die Möglichkeit in einer so internationalen Stadt wie Brüssel zu leben, war für mich bereichernd und ich kann mir gut vorstellen, nach meinem Studium dorthin zum Arbeiten zurückzukommen. Aus meiner Sicht lohnt sich ein Auslandsaufenthalt in Brüssel definitiv! Neben den touristischen Sehenswürdigkeiten und Museen rund um den Grand Place gibt es so viel mehr zu sehen: Das Europa-Viertel mit den EU-Institutionen ist beeindruckend, aber auch der Cinquantenaire und Leopold Parc sowie der Bois de la Cambre (nahe der Universität), die mit ihren weitläufigen Grünflächen einen schönen Ausgleich zu dem Leben in einer so lebhaften Stadt bieten.
Da ich schon seit vielen Jahren Spanisch spreche und auch mehrere Auslandserfahrungen in spanischsprachigen Ländern habe, fiel meine Wahl für ein Erasmus-Semester auf Spanien. Ich entschied mich gegen Bilbao und Salamanca, beides Standorte, die mit Sicherheit vieles zu bieten haben und über eine sehr ausgeprägte Studierendenszene verfügen, und für die kleine Stadt Jaén, die in der Geschichtswissenschaft eine neue Partnerschaft darstellt.
Jaén liegt im nördlichen Andalusien inmitten von Olivenhainen. Die Stadt liegt am Hang eines Gebirges, in dem sich an vielen Stellen gut wandern lässt. Historisch hat Jaén vieles zu bieten: Der höher gelegene Teil der Stadt besitzt mit der recht bekannten Kathedrale historischen Altstadt-Flair, das Stadtbild ist von vielen Kirchtürmen geprägt. Es gibt außerdem wie in vielen andalusischen Städten ein jüdisches Viertel (judería) mit engen Gassen sowie arabische Bäder, die man besichtigen kann. Auf dem Bergkamm befindet sich eine alte Burgruine (Teile davon wurden zu einem Hotel umfunktioniert), zu der man wandern und den Ausblick über die Stadt, die angrenzenden Berge und die tausenden Olivenbäume genießen kann. Generell bietet sich das bergige Umland mit zahlreichen Naturparks wie zum Beispiel in Cazorla sehr gut für Wanderausflüge an.
Doch auch im weiteren Umkreis der Provinzhauptstadt lässt sich einiges besichtigen. Die beiden Weltkulturerbe-Städte Úbeda und Baeza sind schnell zu erreichen. In etwas mehr als einer Stunde gelangt man sowohl nach Córdoba als auch nach Granada, zwei historisch sehr bedeutende und sehr schöne Städte. Jaén besticht meiner Meinung nach durch die Kombination aus Nähe zu historisch interessanten Städten und keinem Tourismus, was unser Erasmus-Leben deutlich günstiger machte als für Studierende in Granada oder Sevilla. Natürlich kommt man deswegen mit Englischkenntnissen auch nicht allzu weit wie in einer Großstadt, weswegen Spanischkenntnisse auf jeden Fall von Vorteil sind. Auch in der Studi- und Kulturszene haben große Universitätsstädte mit Sicherheit mehr zu bieten – wir waren meistens auf Veranstaltungen des Erasmus Student Networks oder private Treffen angewiesen.
Jaén ist an das spanische Zugnetzwerk angebunden, sodass auch Sevilla in drei und Madrid in vier Stunden erreichbar sind. In Spanien gab es zu der Zeit sehr günstige Reisemöglichkeiten; für nur 20 Euro konnte man zwischen zwei bestimmten Städten für drei Monate unbegrenzt hin- und herfahren (mit den Regionalzügen). Viele Erasmus-Studierende haben das Semester genutzt, um permanent lange Reisen anzutreten, was mich nach einer Weile sehr angestrengt hat. Ich fand, dass Andalusien sehr viel zu bieten hatte und bin froh, auch viele unbekannte Orte im näheren Umkreis mit meinen Freund*innen besucht zu haben. Durch ein Erasmus-Semester bekommt man die Möglichkeit, eine spezifische Gegend auf eine viel intensivere Art kennenzulernen als durchs Reisen.
Trotz der Universität hatte ich nicht den Eindruck, als sei das Stadtbild wirklich von Studierenden geprägt. Die Uni liegt am unteren Ende der Stadt und ist daher etwas abgelegen. Mit dem Bus braucht man gute 20 Minuten bis zur Kathedrale, ich habe glücklicherweise relativ mittig gewohnt, sodass ich sowohl die Uni als auch den historischen Stadtkern innerhalb von 15 bis 20 Gehminuten erreichen konnte. Bei der Wohnungssuche hatte ich unheimliches Glück: ich wurde von einer anderen Deutschen, die ich über eine Erasmus Jaén Facebook-Gruppe kennengelernt hatte, gefragt, ob ich in das noch freie Zimmer ihrer geplanten WG einziehen wolle. Dadurch habe ich mir eine anstrengende Suche erspart und konnte mir außerdem ein sehr enges WG-Verhältnis aufbauen. Für viele hat sich die Suche als sehr schwierig gestaltet, da es kaum möglich ist, erst vor Ort nach einem Zimmer zu suchen, man online die Echtheit der Anzeige aber nicht ganz überprüfen kann. Es empfiehlt sich auf jeden Fall in Facebook-Gruppen oder auf Seiten wie „idealista“ oder „milanuncios“ zu suchen.
Studium an der „Universidad de Jaén“
Die Vorbereitung des Semesters hat mich einige Mühen gekostet, ich habe mich jedoch gut betreut gefühlt, sodass auch auftauchende Probleme beseitigt werden konnten. Dabei waren mir in der Kommunikation mit der Uni in Jaén meine Spanischkenntnisse sehr von Vorteil. Von meinen internationalen Kommiliton*innen habe ich oft mitbekommen, dass angekündigte Kurse auf Englisch doch nicht stattfanden oder doch überwiegend auf Spanisch gehalten wurden. Ich wünsche mir für zukünftige Studierende diesbezüglich mehr Transparenz, immerhin stellt sich die Uni Jaén als eine internationale Universität dar und ist, genau wie die Uni Bielefeld, Teil des NEOLAiA-Projektes, das das Studium an verschiedenen Standorten erleichtern soll.
Das Semester in Jaén begann schon am 30.01., wir internationale Studierende wurden dann eine Woche später von der Uni in einer Willkommensveranstaltung begrüßt. Parallel gab es einige Angebote des Erasmus Student Networks (ESN) Jaén, bei denen wir andere internationale Studierende kennenlernen konnten. Über ESN wurden uns regelmäßig Ausflüge in andere Städte, wöchentliche Wanderungen und Abendveranstaltungen angeboten. Auch die von der Uni angebotenen Spanischkurse waren für viele ein Ort der internationalen Vernetzung. In meinem sogenannten „spezifischen Sprachkurs“ ging es um die „Spanish Society since 1900“. Aus diesem Kurs habe ich sehr viel mitgenommen. Unsere Lehrerin hat uns eine intensive Einführung in die spanische Geschichte gegeben und mit uns kulturelle, politische und gesellschaftliche Themen behandelt. Es kam nicht selten zu angeregten Gesprächen und Diskussionen, in denen wir verglichen, wie die Gesellschaft unseres Herkunftslandes verschiedene Themen behandelt oder welche Rolle bestimmte Bräuche etc. in einer Gesellschaft spielen.
Ich habe außerdem einen Geschichts- und einen Soziologiekurs belegt, die beide je vier Wochenstunden umfassten. Davon waren eine oder zwei Stunden für einen „praktischen“ Teil und der Rest für die Theorie im Stil einer Vorlesung. Meine beiden Dozentinnen waren sehr freundlich und entgegenkommend, in Geschichte durfte ich statt der Klausur eine Hausarbeit schreiben, die ich für die Anrechnung in Bielefeld brauchte. Diese Arbeit während der Vorlesungszeit innerhalb von drei Wochen zu schreiben war eine Herausforderung, hat mir aber auch geholfen, realistischere Ansprüche an mich zu stellen. Die Klausuren in Geschichte waren vom Stoff laut meinen Kommiliton*innen auch so umfangreich, dass ich mit der Hausarbeit wohl großes Glück hatte. In beiden Kursen hat mich überrascht, wie sehr es um Fakten und Inhalt ging und wie wenig Raum für Diskussion und Reflexion gegeben wurde, was ich aus Bielefeld anders kenne.
Die Studiengänge sind in vier Jahrgänge unterteilt. Die Studierenden der einzelnen Jahrgänge belegen alle Fächer zusammen, die mehrmals die Woche stattfinden. So entsteht eine feste Gruppe, die mir beinahe wie eine Schulklasse vorkam. Mich in diese feste Struktur einzubringen ist mir leider kaum gelungen, wirklich Kontakte mit spanischen Studierenden aufzubauen war sehr schwer – vielleicht auch gerade wegen des hohen Lernpensums – sodass ich eher Kontakte mit internationalen Studierenden geknüpft habe, die in einer ähnlichen Situation waren wie ich. Mir war es wichtig, nicht in einem deutschsprachigen Kreis zu bleiben, sondern mich mit Studierenden aus anderen Ländern auszutauschen. Das ist mir gut gelungen und ich habe es als sehr wertvoll angesehen, meine Erfahrungen in einer internationalen Gruppe vergleichen und reflektieren zu können. Das Erasmus-Semester in Jaén zu absolvieren war für mich eine wichtige Erfahrung. Akademisch hat mich das Semester in meinen Spanisch-Kenntnissen vorangebracht und mir inhaltliches Wissen zu den Kursthemen gegeben. Als Fazit würde ich jedoch hervorheben, dass ich vor allem persönlich an dieser Zeit wachsen konnte, sei es durch die Notwendigkeit, ständig aus meiner Komfortzone herauszutreten, oder alles selbst zu organisieren. Ich empfehle diese Erfahrung gerne weiter und stehe für Fragen zur Verfügung!
Direkt am Anfang meines Studiums war für mich klar, dass ich einen Auslandsaufenthalt in meiner Studienzeit wahrnehmen möchte. Ich hatte keine bestimmte Destination im Blick als ich an dem Informationsabend meiner Fakultät teilgenommen habe, jedoch hat mich die Option nach Italien zu gehen am meisten angesprochen. Daher habe ich mich dafür entschieden mein drittes und viertes Semester (WiSe22/23 – SoSe23) in Bologna zu verbringen. Mein Studiengang Bild- und Kunstgeschichte gibt es leider nicht in Bologna, jedoch gibt es ähnliche Studiengänge und viele Kursangebote, die thematisch für mich gepasst haben. Die italienischen Kurse waren für mich eine große Herausforderung, weshalb ich mich im zweiten Semester nur für englische Kurse in einem Masterstudiengang entschieden habe.
Über die Stadt habe ich mich im Vorfeld nicht viel informiert, da ich unvoreingenommen in mein Auslandsjahr starten wollte. Es ging mir Anfangs am meisten darum, ein anderes Land, als Studentin und nicht als Touristin kennenzulernen und vielleicht ein paar nette Leute zu treffen. Ich mochte Italien als Land schon immer und wollte nach der langweiligen Corona-Zeit mal etwas Neues erleben und raus aus Bielefeld. Nachdem die Hürde der Bürokratie überwunden wurde, welche sich als lästig, aber machbar herausgestellt hat, war alles recht entspannt. Eine Kommilitonin, die ebenfalls, nach Bologna ging hat mir geholfen die Erasmus- und Unidokumente zu verstehen und am richtigen Ort einzureichen. Auch die Organisationen in Bielefeld und vor Ort konnten mir durch E-Mail-Kontakt gut weiterhelfen. Die Wohnungssuche in Bologna ist nochmal eine größere Herausforderung, weshalb ich mich bereits mehrere Monate davor damit beschäftigt habe und glücklicherweise etwas passendes gefunden habe.
Bologna ist eine sehr beliebte Stadt bei Erasmus-Studierenden. Es gibt eine sehr aktive Erasmus Student Network (ESN)-Gruppe, die wöchentliche Aktionen für internationale Studierende anbietet oder Reisen organisiert. Besonders am Anfang des Semesters war das für mich ein guter Weg, um neue Leute kennenzulernen und Informationen zur Uni und zur Stadt zu bekommen.
Die ersten zwei Wochen habe ich damit verbracht eine Intensiven Sprachkurs zu machen und mit meinen Mitbewohner*innen an diversen ESN-Events teilzunehmen, oder einfach so die wunderschöne Stadt zu erkunden. Als die Uni dann los ging habe ich wöchentlich an den Vorlesungen teilgenommen. Insgesamt habe ich weniger Kurse als in Bielefeld belegt, jedoch sind die Seminare meistens 3x die Woche und somit Zeitintensiver.
Die Universität Bologna, die dafür bekannt ist, eine der ältesten Unis in Europa zu sein, macht Bologna zu einer wahren Uni-Stadt. Die Universitätsgebäude ziehen sich durch das gesamte historische Zentrum, wodurch es nur so von Studierenden wimmelt. Alles im Zentrum ist gut fußläufig zu erreichen und obwohl Bologna eine Fahrradstadt ist, habe ich davon abgesehen ein Fahrrad zu kaufen, da mir das Unfall- und Diebstahlpotenzial zu hoch war. Bei den Unigebäuden und Bibliotheken handelt es sich oft um sehr alte Bauten, die mit Statuen oder Fresken geschmückt sind, was eine angenehme Abwechslung zur Uni Bielefeld ist. Ich habe zum Anfang ein wenig gebraucht, um das System der neuen Uni zu verstehen, habe dann aber relativ schnell nach Vorlesungsbeginn den Anschluss bekommen.
Da die Uni Bologna über sehr liberale und politisch aktive Studierendenorganisationen verfügt, wurden öfters verschiedene Universitätsgelände sowie Straßen im Universitätsviertel okkupiert um Märkte oder Demos in Form von Raves zu veranstalten. Die meisten Demonstrationen bezogen sich dabei auf den mangelnden und oft viel zu teuren Wohnraum in der Stadt. Veranstaltungen wie diese haben es einfach gemacht sich mit Freund*innen zu treffen und neue Freundschaften zu knüpfen. Dadurch, dass ich für ein ganzes Jahr in Bologna war, konnte ich viele Menschen kennenlernen, die mich durch mein Erasmus-Jahr und darüber hinaus begleitet haben.
Mein Alltag bestand daraus zu meinen Kursen zu gehen, oder mit Freunden in die Bibliothek. Ich habe es auch sehr genossen vormittags, alleine in Cafés einen Kaffee zu trinken und für die Uni zu lesen oder an etwas anderem zu arbeiten. Das bietet sich in Italien sehr an, da ein Kaffee oft nicht mehr als 1€ kostet. Abends fanden viele oft Events statt zu denen man Kostenlos gehen konnte, z.b. Jam Sessions oder Parties im Community-Center. Falls nichts zu tun war luden die öffentlichen Plätze im Stadtzentrum zum Verweilen ein, denn dort war eigentlich immer was los.
Da Bologna relativ zentral in Italien liegt war es mir möglich mit dem Zug ein paar Tages- oder Wochenendtrips nach Verona, Florenz, Ravenna und Venedig zu machen. Außerdem gibt es im Umland von Bologna einen Fluss, in dem man gut Baden kann, um an heißen Tagen aus der Stadt rauszukommen.
Abschließend kann ich sagen, dass ich mein Auslandsjahr keinesfalls bereue und ich sehr dankbar bin, diese Erfahrung gemacht zu haben. Es war ein Jahr voller Ereignisse, die meine Studienzeit bis jetzt auf jeden Fall sehr geprägt haben. Natürlich gibt es auch Phasen, wo man Heimweh hat oder sich überfordert fühlt alleine in einem anderen Land zu sein, diese Erfahrungen gehören auch dazu. Die meiste Zeit war ich jedoch sehr glücklich in einer so schönen und lebendigen Stadt wie Bologna wohnen zu dürfen. Ich konnte mich glücklich
schätzen eine nette WG, sowie viele neue Menschen und Orte gefunden zu haben, die mir sehr ans Herz gewachsen sind. Ich kann es jetzt schon kaum erwarten Bologna bald wieder zu besuchen.
Offenheit, Inspiration und Naturverbundenheit sind die drei Begriffe, mit denen ich mein Auslandssemester in Schweden mit Erasmus+ zusammenfassen möchte. Von Januar bis Juni 2021 habe ich ein Semester in Uppsala studiert und von viel Schnee und gefrorenen Seen bis Midsommar und 30°C alles mitgenommen. Uppsala ist eine sehr gemütliche Studentenstadt mit vielen Cafés, Nations, Parks, roten Holzhäusern und alten Gebäuden aus dem 17. Jh. Besonders das Schloss, der Dom und die Carolina Rediviva Bibliothek im Zentrum, aber auch der Ekoln See und die zahlreichen Naturreservate sind einen Besuch wert.
Die Schweden sind sehr offen und hilfsbereit. Das Land ist offen für andere Kulturen, andere Sprachen; nicht ohne Grund ist Schweden eines der beliebtesten Einwanderungsländer mit einer multikulturellen Gesellschaft. Besonders in Uppsala habe ich häufig nette Gespräche in Cafés oder am See geführt, wo Schweden gerne Tipps und Empfehlungen für Ausflugsziele gegeben und über ihr Land erzählt haben. Hinzu kommt, dass so gut wie jeder fließend Englisch spricht.
Die Seminare und Vorlesungen sind auf gemeinsame, offene Diskussionen aufgebaut, in denen man, basierend auf der Kursliteratur, Leitfragen diskutiert. Die Dozent*innen nehmen an den Diskussionen teil und füllen bei Bedarf Wissenslücken oder beantworten Rückfragen. Man ist viel stärker auf einer Ebene mit den Professor*innen und kommt mehr ins Kursgespräch als in Deutschland. Die von mir belegten Kurse waren hauptsächlich für Auslandsstudierende ausgelegte Kurse, daher haben wir häufig über die schwedische/ skandinavische Geschichte im Vergleich zu der Geschichte der Herkunftsländer der Studenten gesprochen. Außerdem waren die Dozent*innen immer offen für Anregungen der Studierenden und nach jedem Kurs wurde um Feedback und Verbesserungsvorschläge gebeten.
Inspiriert hat mich das Studiensystem, da man anstelle eines vollen Stundenplans ca. vier Kurse pro Semester belegt und diese nicht gleichzeitig, sondern nacheinander stattfinden. Nach vier bis fünf Wochen endet ein Kurs mit einer Klausur oder einem Essay. Auch hat man nur maximal zwei- bis dreimal die Woche für 90 Minuten Vorlesung oder Seminare. Dafür ist aber der Arbeitsaufwand an den freien Tagen höher. Man muss wöchentlich mehr Literatur lesen und hat mehrere kleine Abgaben und Diskussionen auf der Grundlage der Kursliteratur. Ich empfinde das schwedische System als sehr angenehm, da man sich zu 100% auf einen Kurs fokussieren kann und auch am Ende des Semesters keine lange und stressige Prüfungsphase hat. Außerdem wird ein starker Fokus auf die mentale Gesundheit der Studierenden gelegt. Es gibt zahlreiche Angebote und Anlaufstellen, die von der Uni kostenlos zur Verfügung gestellt werden und auch die Dozent*innen fragen regelmäßig wie es den Studenten geht, was ich in dem Umfang aus Bielefeld nicht kenne.
Die Natur hat in Schweden einen ganz anderen Stellenwert als in Deutschland. Bei jeder Wetterlage trifft man zahlreiche Menschen draußen, entweder beim Cross Country Skiing im Winter, auf einer Wanderung im Wald oder am See. Auch mein Wohnheim war umgeben von viel Natur. Ich habe in Lilla Sunnersta/ Salixvägen gewohnt, was 6 km außerhalb im Süden der Stadt liegt. Es liegt nah am Ekoln See und mit dem Bus ist man in 20 Minuten in der Innenstadt. Oder man fährt mit dem Fahrrad entlang des Fyrisåns in die Stadt. Zahlreiche Naturreservate verlaufen durch und entlang der Stadt, was einfach zum Wandern einlädt.
Die gesamte Organisation eines Erasmus-Semesters beinhaltet zwar viel Papierkram, dennoch wird man sowohl von Bielefelder Seite als auch von der Gastuni unterstützt und erhält zahlreiche Checklisten, um den Überblick zu behalten. Vor meiner Abreise wurde ich regelmäßig von meiner Ansprechpartnerin in Schweden auf dem Laufenden gehalten, auch was die Coronasituation anging, und ich konnte mich mit jedem Anliegen an sie wenden. Auch über das Finden einer Unterkunft muss man sich keine Gedanken machen, da das Housing Office der Uppsala University mehrere Wohnheime für (Auslands-) Studierende anbietet.
Man muss sich dennoch darauf einstellen, dass das Leben in Schweden teuer ist und das Erasmus-Stipendium nicht einmal für die Miete einer Unterkunft ausreicht. Das ist mein einziger Kritikpunkt. Im Großen und Ganzen bin ich sehr zufrieden mit der Unterstützung und der Organisation des Auslandssemesters. Ich nehme sehr viel neues Wissen, neue Kontakte, neue Erfahrungen aus diesem halben Jahr in Schweden mit und kann es nur empfehlen (europäische) Geschichte aus einem anderen Blickwinkel zu studieren und mehr über die skandinavische und schwedische Geschichte zu lernen.