Die gesellschaftlichen Erwartungen und Anforderungen an das Leistungsvermögen des deutschen Bildungssystems sind heute, in Zeiten eines globalisierten Wettbewerbs, der mittels internationaler Vergleichsstudien wie IGLU oder PISA auch vor der Institution Schule keinen Halt macht, wahrscheinlich so hoch wie noch nie zuvor – mit eher steigender als sinkender Tendenz.
So wichtig und förderlich Wettbewerb und Konkurrenz als leistungs- und innovationssteigernde Anreize auch sind bei der Lösung technischer, organisatorischer oder ökonomischer Probleme, können sie im Zusammenhang mit einem solch hochsensiblen Vorgang, wie es die Erziehung und Bildung von Menschen unverkennbarer Weise ist, neben positiven Wirkungen auch mit der Zunahme des psychischen Drucks, mit vermehrtem Stress und schließlich mit dem lähmenden Gefühl der Überforderung auf Seiten aller Beteiligten verbunden sein – Gift für ein positives Lernklima. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass Kindern und Jugendlichen das Lernen deutlich schwerer fällt, wenn sie sich in ihrem Lernumfeld nicht wohl fühlen, dann ist der Teufelskreis perfekt: Hohe Erwartungen und Anforderungen befeuern den Druck, der Druck verhindert den Lernerfolg, der verhinderte Lernerfolg – von immer neuen, aber nicht automatisch plausiblen Studien attestiert und medial inszeniert – erhöht den angetragenen Anspruch, der Druck wird noch größer … und so weiter und so fort.
Da Lehrerinnen und Lehrer, dadurch dass sie schließlich diejenigen sind, die den Bildungsauftrag tagtäglich auszuführen haben, im besonderen Fokus des Schulsystems stehen, stellen sie für die Öffentlichkeit natürlich die am leichtesten fassbaren Adressaten für Kritik dar, die dann auch aus allen Richtungen auf sie einprasselt. Eine Ungerechtigkeit, die heute gewissermaßen zum Berufsbild des Lehrers gehört.
Zitat einer ehemaligen FörBi-Schülerin
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Dabei wird häufig übersehen, dass viele Probleme systemimmanenter Natur sind, auf die die konkret handelnden Akteure, Lehrer wie Schüler, gar keinen Einfluss haben. Wenn beispielsweise von der Bildungspolitik einerseits die Standardisierung der Lehrpläne und Abschlussprüfungen vorgenommen wird, was die Möglichkeiten der Lehrkräfte hinsichtlich eines Unterrichts, der auf die spezifische Lerngruppe flexibel angepasst ist, erheblich beschränkt, andererseits aber explizit die individuelle Förderung eines jeden Schülers gefordert wird, dann ist es nur allzu verständlich, dass sich Lehrerinnen und Lehrer dabei vorkommen müssen, als würde man von ihnen verlangen, in einem fort mit einem Bein auf dem Steg, mit dem anderen auf einem unvertäuten Boot zu stehen. Es leuchtet ein, dass eine solche bis zum Spagat gespreizte Stellung auf Dauer nicht aufrecht zu erhalten ist.
Innerhalb dieses und anderer systemimmanenter Dilemmata stellen die zunehmende Konkurrenz und Standardisierung vor allem für eine Gruppe der Schülerschaft eine spezifische Herausforderung dar, nämlich für die Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund. Dadurch dass Deutsch für sie im Regelfall nicht ihre Mutter-, sondern ihre Zweitsprache darstellt, sind sie von Vornherein und ohne eigenes Verschulden benachteiligt und bedürfen einer besonderen individuellen Förderung, für die im Schulalltag allzu oft die Zeit nicht reicht. „In dieser Situation sind Schulen“, so konstatiert die Sprachdidaktikerin und selbst ehemalige Lehrerin Prof. Dr. Gesa Siebert-Ott, „auf außerschulische Unterstützung, auch in Form von bildungsbezogener Freizeitgestaltung, angewiesen, um denjenigen Kindern und Jugendlichen Bildungsteilhabe zu ermöglichen, die aus ihren Familien und ihrem sozialen Umfeld keine Unterstützung beim sprachlichen und fachlichen Lernen erwarten können.“ Bei diesen Kindern und Jugendlichen könne die Schule, so Siebert-Ott weiter, ihrem Bildungsauftrag mit einem vertretbaren personellen und materiellen Aufwand nur dann gerecht werden, „wenn sie hierbei eine systematische Unterstützung durch andere, in der vor- und außerschulischen Bildung und Erziehung tätige Institutionen erfährt.“ (Siebert-Ott, Gesa: Deutsch als Arbeitssprache – eine neue Konzeption für den Deutschunterricht mit sprachlich heterogenen Lerngruppen. InfoDaF. 27. S. 75-101. S. 98.)
In Bielefeld ist das „Projekt Förderunterricht für Schülerinnen und Schüler nicht deutscher Herkunftssprachen“ – kurz „FörBi“ – genau eine solche Institution, die sich die individuelle Förderung von strukturell benachteiligten Kindern und Jugendlichen zum Ziel gesetzt hat, erfolgreich an der Beseitigung dieser Benachteiligung arbeitet und somit eine Entlastung für die Schule darstellt.
Was wir bieten:
Was wir nicht leisten: