Der Schwerpunktbereich Kriminalwissenschaften steht in der Tradition der »gesamten Strafrechtswissenschaft«, die Theorie und Praxis des Strafrechts und des Strafverfahrensrechts stets als Einheit gesehen hat. Unter diesem Sammelbegriff versteht sich modernes Strafrecht deshalb als Wissenschaft, in der alle strafrechtlichen Teildisziplinen integriert sind, die sich mit Recht und Strafe im weiteren Sinn beschäftigen.
Das Spektrum der im kriminalwissenschaftlichen Schwerpunktbereich behandelten Fächer reicht daher von den grundlagenorientierten Teildisziplinen „Strafrechtsphilosophie“ sowie „Geschichte des Strafrechts“ bis hin zur „Kriminologie« mit der Frage des Entstehens von Kriminalität und des Umgangs mit Straftätern, vom „Jugendstrafrecht“ über das „Wirtschaftsstrafrecht“ mit seinem verfahrensrechtlichen Bezügen, das „Medizin- und Biostrafrecht“ mit Bezügen zur Medizin und zur Medizinethik und das „internationale Strafrecht“ mit seiner europa- und völkerrechtlichen Dimension bis hin zum „Strafvollzugsrecht“ und dem „Sanktionenrecht“.
Darüber hinaus wurden in das Programm des Schwerpunktbereiches 8 mit der Studien- und Prüfungsordnung (StuPrO) 2020 auch die Inhalte des ehemaligen Schwerpunktbereiches 9 (Strafverfahren und Strafverteidigung) integriert. Dies betrifft Vorlesungen wie beispielsweise „Recht und Theorie der Strafverteidigung“, „Methodik der Strafverteidigung sowie „Soziologie und Psychologie des Strafverfahrens“, die im Schwerpunktbereich 8 auch weiterhin angeboten werden.
Mit den Studierenden wird somit ein breites Spektrum von straf- und strafverfahrensrechtlichen Fragen bearbeitet, die aber nicht unverbunden nebeneinander stehen, sondern von einem einheitlichen, rechtsstaatlichem Verständnis von Strafe und seiner Durchsetzung geprägt sind. Die ganze Vielfalt der strafrechtsanwendenden Berufsfelder wird dadurch präsentiert, wobei die Studierenden durch eine Auswahl aus dem breiten Angebot eigene Akzente in ihrer Ausbildung setzen können. Exkursionen in Justizvollzugsanstalten und Jugendstrafanstalten sowie die Einbeziehung versierter Praktiker in die Lehre runden das Programm des Schwerpunktbereiches ab.
Der Schwerpunktbereich 8 ermöglicht ein spezielle Vertiefung und Ergänzung des strafrechtlichen und strafverfahrensrechtlichen Pflichtfachstoffs. Sichere Kenntnisse im Straf- und Strafprozessrecht werden vorausgesetzt und in exemplarischer Weise erweitert.
Das Programm des Schwerpunktbereiches ist darüber hinaus in hohem Maße interdisziplinär und weitet die Perspektive über die deutsche Rechtsordnung hinaus aus. Die Studierenden erhalten hier die einmalige Gelegenheit zu einem „Blick über den Tellerrand“ der dogmatischen Fächer, die ihre bisherige juristische Ausbildung geprägt haben.
Die Kriminologie beschäftigt sich dabei als interdisziplinäre Wissenschaft empirisch mit dem Straf- und Strafverfahrensrecht, etwa mit der möglichen Diskrepanz des Handelns der Strafverfolgungsorgane und den Regeln des Strafverfahrensrechts sowie den Auswirkungen von Strafrecht in der Realität. Es wird versucht Antworten auf die Frage nach den Ursachen von Kriminalität und abweichendem Verhalten zu finden. Einbezogen sind deshalb auch rechtspolitische Überlegungen nach der Notwendigkeit und dem Sinn von Kriminalisierungen oder Entkriminalisierungen. Mit dem Jugendstrafrecht wird ein praktisch besonders bedeutsamer Bereich der Strafrechtspflege abgedeckt. Der Straf- und Maßregelvollzug wirft eine ganze Fülle von humanen und rechtlichen Probleme auf, denen im Schwerpunktbereich 8 vertieft nachgegangen wird.
Das heutige Strafrecht kann sich nicht mehr auf ein Studium des nationalen Rechts beschränken, sondern ist bereits jetzt stark europarechtlich geprägt, was sich vor allem im Wirtschaftsstrafrecht und im Strafverfahrensrecht zeigt. Aber nicht nur europäische, sondern auch weltgesellschaftliche Entwicklungen erfordern den Umgang mit neuen strafrechtlichen Herausforderungen. Deshalb ist auch das internationale bzw. supranationale Strafrecht in den Schwerpunktbereich einbezogen. Die Strafrechtsphilosophie als grundlagenorientierte Disziplin beschäftigt sich sowohl mit der Begründung staatlicher Verhältnisse als auch mit der notwendigen Rechtfertigung der Strafe selbst. Es geht aber auch um die grundlegenden Bedingungen einer rechtsstaatlichen Kontrolle von Kriminalpolitik, die nur verstanden werden können, wenn man sich Klarheit über die geschichtliche Entwicklung des Straf- und Strafverfahrensrechts verschafft.
Besondere Berücksichtigung erfahren schließlich auch das Strafverfahrensrecht und die Perspektiven verschiedener Disziplinen auf das Strafverfahren. Unter Einbeziehung von Praktikern werden die Rollen der am Verfahren beteiligten Akteure beleuchtet sowie die soziologischen und psychologischen Implikationen des Strafverfahrens reflektiert. Beim Besuch der einschlägigen Veranstaltungen erwerben die Studierenden mithin auch wichtige Kompetenzen für einen späteren Start in entsprechenden Berufsfeldern.
Die Besonderheit des Schwerpunktbereichs 8 liegt nach alldem darin, dass auf der Grundlage des von den Studierenden bereits erworbenen Wissens versucht wird, den gemeinsamen Nenner verschiedener strafrechtlicher Teildisziplinen zu erarbeiten und deutlich zu machen. Ziel ist es, den Blick dafür zu schärfen, dass Strafrecht nicht nur aus einer Ansammlung sehr spezieller, voneinander unabhängiger Teilgebiete besteht, sondern dass theoretisch und praktisch zufrieden stellende Antworten nur gegeben werden können, wenn die Zusammenhänge der einzelnen Spezialmaterien und ihre Grundlagen herausgearbeitet werden. Darüber hinaus wird angestrebt, dass die Studierenden aktiv an der Bearbeitung kleinerer Aufgabenstellungen mitwirken und so Einblick in die Praxis des Strafrechts bekommen, etwa durch den Besuch von Justizvollzugsanstalten oder von Strafverhandlungen.
Nach der StuPrO 2023 sind im Schwerpunktbereich 8 folgende Prüfungsleistungen zu erbringen:
Voraussetzung für die Zulassung der Hausarbeit sind die weiteren Prüfungen i.S.d. § 31 StuPrO 2023.
Die Zuordnung der einzelnen Vorlesungen zu den für die Auswahl der Klausurfächer maßgeblichen Bereichen ist § 42 Abs. 1 der StuPrO 2023 zu entnehmen:
Interessierte sollten beachten, dass die Aufzählung lediglich exemplarisch ist; es können daher auch weitere Veranstaltungen angeboten werden, die sich einem der drei Bereiche zuordnen lassen. Darüber hinaus werden nicht immer alle genannten Veranstaltungen im Jahresturnus angeboten.
Die Veranstaltungen werden von den Professorinnen und Professoren Asholt, Eidam, Lindemann, Ransiek und Reichling angeboten. Vor allem im Strafverfahrensrecht wird das Angebot durch Veranstaltungen von Professor Barton ergänzt. Hinzu kommen Praktikerinnen und Praktiker als Lehrbeauftragte.