zum Hauptinhalt wechseln zum Hauptmenü wechseln zum Fußbereich wechseln Universität Bielefeld Play Search
Zeugenaussage

© Universität Bielefeld

Die Zeugenaussage vor Gericht

Sie wurden als Zeugin/Zeuge geladen, wissen aber noch nicht, wie die Verhandlung abläuft, was Sie beachten müssen und tun oder nicht tun dürfen? Keine Sorge! Hier finden Sie alle Informationen, die Sie benötigen, um sich auf Ihre Rolle als Zeugin/Zeuge und die Vernehmung vorzubereiten:

Die Zeugenaussage vor Gericht

Ihre Zeugenladung

Die Ladung, die Sie im Vorfeld per Post erhalten haben, sollten Sie unbedingt mit zum Gericht bringen. Am Ende Ihrer Vernehmung zeichnet der Richter oder die Richterin die Ladung ab und notiert die Uhrzeit auf dieser. Das ist für die Bemessung ihres Zeugengeldes wichtig. 

Ihren Personalausweis oder ein anderes gültiges Ausweisdokument, z.B. Ihren Reisepass

Manchmal müssen sich ZeugInnen bei Gericht ausweisen. 

Darüber hinaus können Sie sich Gedanken machen, ob es Dinge gibt, die Ihnen die Zeit bei Gericht erleichtern: 

Getränk (keine Glasflaschen!), Taschentücher, Medikamente, Buch oder Zeitschrift, um Wartezeit zu überbrücken, Kleingeld (Parken, Getränkeautomat, Essen in der Kantine)

Spezielle Infos: Denken Sie daran, Medikamente mitzunehmen, falls Sie diese zu festen Uhrzeiten einnehmen müssen. Auch wenn sich alle Beteiligten bemühen werden, Sie nicht allzu lange warten zu lassen, kann man vorher nicht sagen, wie lange Sie an dem Tag im Gericht sein werden. 

Die Zeugenaussage vor Gericht

Es gibt einige Dinge, die Sie nicht mit ins Gericht bringen dürfen. Dazu gibt es am Eingang Einlasskontrollen. Grundsätzlich gilt: verboten ist alles, was für andere gefährlich werden könnte: Waffen, spitze Gegenstände, Glasflaschen, Pfefferspray 

Im Allgemeinen ist es ratsam, nichts mitzubringen, was sie auch nicht im Flugzeug mitnehmen dürften. 

Außerdem sind im Gericht Ton- oder Bildaufnahmen nicht gestattet. Deshalb müssen am Eingang immer auch Smartphones abgegeben werden. Sie können Ihr Handy also leider nicht mit in das Gerichtsgebäude nehmen. 

Die Zeugenaussage vor Gericht

Ja, Sie dürfen sich von Verwandten, Freunden oder sonstigen Personen begleiten lassen. Wenn die Öffentlichkeit nicht ausgeschlossen wird, dürfen diese als Besucher hinten im Gerichtssaal Platz nehmen und der Verhandlung folgen. Darüber hinaus gibt es professionelle Unterstützungsangebote von Personen, die dafür ausgebildet sind, Sie zu begleiten und zu unterstützen, wie die anwaltliche Begleitung oder psychosoziale Prozessbegleitung.

 

Die Zeugenaussage vor Gericht

Bevor Sie ausgesagt haben, dürfen Sie in der Regel noch nicht bei der Verhandlung zuhören, weil Sie möglichst unbefangen, das heißt unbeeinflusst, berichten sollen, woran Sie sich noch erinnern. Deshalb werden Sie zunächst gebeten, vor dem Saal zu warten, bis Sie aufgerufen werden. In vielen Gerichten gibt es aber mittlerweile ein Zeugenwartezimmer, in welchem Sie alleine in Ruhe mit ihrer Begleitung die Wartezeit verbringen können, damit Sie nicht im Flur sitzen müssen. Ihre Prozessbegleitung oder ihr Anwalt / ihre Anwältin kann sich darum kümmern, dass Sie im Zeugenzimmer warten dürfen. Im Zeugenzimmer sind Sie auch davor geschützt, vorher bereits dem Angeklagten oder seiner Familie zu begegnen. Sie haben daneben auch die Möglichkeit, die Kantine aufzusuchen oder vor dem Gericht zu rauchen. Wenn Sie sich vom Gerichtssaal entfernen, geben Sie der Wachtmeisterin oder dem Wachtmeister Bescheid. 

Die Zeugenaussage vor Gericht

Das lässt sich vorher leider nicht so genau sagen. Der Richter oder die Richterin bemüht sich, den zeitlichen Ablauf so zu planen, dass Sie nicht zu lange warten müssen. Allerdings kann es immer sein, dass sich der Ablauf verzögert, weil eine Person, die vor Ihnen dran ist, länger aussagt oder weil der Angeklagte ein Geständnis ablegt beispielsweise. Sie müssen aber nicht allein warten. 

Die Zeugenaussage vor Gericht

Grundsätzlich erfolgen Strafverfahren in Deutschland öffentlich, das bedeutet, dass interessierte ZuschauerInnen in den ZuschauerInnenbänken Platz nehmen können. Es gibt aber die Möglichkeit, den Ausschluss der Öffentlichkeit zu beantragen, wenn Sie besonders belastende Einzelheiten aus Ihrem persönlichen Leben berichten müssen. Dies kommt insbesondere bei intimen Details aus dem Sexualleben in Betracht. 

Die Zeugenaussage vor Gericht

Vor Gericht werden Sie als ZeugeIn bezeichnet, auch wenn Sie als Opfer direkt von der Tat betroffen sind. Dies liegt daran, dass die Richter dazu verpflichtet sind, den Fall so lange neutral zu behandeln, bis eindeutig mit einem Urteil entschieden werden kann, dass es wirklich eine Tat gegeben hat und der Angeklagte diese begangen hat. 

Der Richter/die Richterin wird Sie zunächst nach ihren persönlichen Verhältnissen befragen: Name, Alter, Beruf, Wohnort und Verwandtschaft mit dem Angeklagten

Die Zeugenaussage vor Gericht

Wenn Sie durch die Angabe Ihres Wohnortes sich selbst oder Familienangehörige gefährden würden, besteht die Möglichkeit, dass der Richter/die Richterin gestattet, dass Sie den Wohnort nicht angeben müssen. Erklären Sie das dann einfach, wenn Sie nach Ihrem Wohnort gefragt werden und sich bedroht fühlen. 

Dann entscheidet das Gericht, ob Sie die Aussage verweigern dürfen. Wenn Ihnen ein sogenanntes Zeugnisverweigerungsrecht zusteht und Sie sich entscheiden, entweder gar nicht auszusagen oder aber einzelne Fragen nicht zu beantworten, dann ist das Ihr gutes Recht und niemand wird Ihnen das übel nehmen. Normalerweise muss man als Zeuge oder Zeugin in Deutschland aussagen. Ein Recht, die Aussage zu verweigern, kann man zum Beispiel haben, wenn man mit dem Angeklagten verwandt oder verheiratet ist oder durch die Aussage selbst eine Straftat zugeben müsste. Ihr Anwalt/Ihre Anwältin kann Sie im Vorfeld beraten, ob Ihnen ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht und Sie dieses in Anspruch nehmen sollten. 

Die Zeugenaussage vor Gericht

Wenn Sie aber aussagen, so müssen Sie die Wahrheit sagen. 

Nachdem der Richter/die Richterin Sie darauf hingewiesen hat und Ihnen Ihre Rechte und Pflichten erklärt hat, gilt die Wahrheitspflicht. Das heißt, Sie dürfen nicht bewusst etwas Falsches erzählen. Solche Falschaussagen sind strafbar (das gilt auch, wenn sie nur sich selbst oder Angehörige schützen wollen). Es kann dafür eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis fünf Jahren geben. 

Nach den Fragen zur Person folgt die Vernehmung zur Sache (so wird der Fall genannt).

Der Richter/Die Richterin wird Sie zunächst auffordern, einmal vollständig zu berichten, was Sie noch wissen. 

Sie dürfen nichts bewusst weglassen oder hinzuerfinden. Niemand erwartet, dass Sie sich an alle Einzelheiten erinnern können. Wenn Sie etwas nicht mehr wissen oder sich nicht mehr genau erinnern, können Sie das so sagen. Richter und Richterinnen wissen, dass es normal ist, wenn man sich nicht an alles erinnert.

Der Richter/Die Richterin wird anschließend Nachfragen stellen. Vielleicht werden Ihnen auch Passagen aus Akten vorgelesen, um Ihre Erinnerung aufzufrischen. Es ist ganz normal, dass Sie Ihre Aussage, die Sie bei der Polizei getätigt haben, nicht mehr genau gleich wiedergeben können, wenn diese schon mehrere Monate zurückliegt. Das erwartet aber auch niemand von Ihnen. Machen Sie sich daher keine Sorgen, wenn Sie sich nicht an alles erinnern. 

Die Zeugenaussage vor Gericht

Zunächst hat der vorsitzende Richter/die Richterin das Fragerecht, anschließend auch die übrigen Mitglieder des Gerichts, also die anderen RichterInnen und Schöffen. Danach darf die Staatsanwältin/der Staatsanwalt Fragen stellen und anschließend auch der Strafverteidiger/die Strafverteidigerin, also der Anwalt/die Anwältin des/der Beschuldigten.

Es kann dabei sein, dass die Fragen des Strafverteidigers unangenehm sind und Sie das Gefühl erhalten, er wolle Sie in Widersprüche verstricken oder in Frage stellen, was passiert ist. Denken Sie daran, dass dies nichts mit Ihnen persönlich zu tun hat, sondern mit seinem Beruf, den er professionell ausübt und dass er das bei jedem anderen Zeugen genauso machen würde. Wenn das Gericht oder andere Beteiligte sich bemühen, festzustellen, wie verlässlich ihre Erinnerung ist, so ist damit kein Vorwurf verbunden. Versuchen Sie, sich durch kritische Nachfragen nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. 

Die Zeugenaussage vor Gericht

Auch der/die Angeklagte darf Fragen an Sie richten, was unangenehm sein kann. Ihr Anwalt/Ihre Anwältin kann versuchen, dafür zu sorgen, dass der Angeklagte aus dem Raum gehen muss, wenn Sie aussagen. Die Entscheidung darüber trifft das Gericht. Das Gericht versucht, Sie als Zeugin zu schützen und gleichzeitig auf die Rechte des Angeklagten zu achten. Der/Die Angeklagte muss zum Beispiel aus dem Raum gehen, wenn das Gericht glaubt, dass sonst Ihre psychische Belastung zu groß wäre. Der/Die Angeklagte darf aber auf jeden Fall wissen, was Sie vor Gericht ausgesagt haben, egal, ob er selbst dabei war oder nicht. 

Die Zeugenaussage vor Gericht

Wenn Sie merken, dass Sie während der Vernehmung eine Pause benötigen, so trauen Sie sich ruhig, das gegenüber dem Gericht zu sagen. Es wird Ihnen niemand übel nehmen, wenn Sie ein paar Minuten Pause machen wollen, bevor es mit der Vernehmung weitergeht, gerade auch, weil Vernehmungen oft sehr lang dauern können. Es gibt Aussagen, die sehr schnell gehen, aber bei komplizierteren Fällen kann es auch sein, dass Sie etwa drei Stunden befragt werden. In Ausnahmefällen kann dies auch länger sein. Wenn Sie einen Anwalt/eine Anwältin oder Prozessbegleitung haben, so können Sie auch diese jederzeit bitten, eine Pause einzufordern. Außerdem müssen Sie auch nicht immer wieder dieselbe Frage beantworten oder sich eine bestimmte Wortwahl gefallen lassen, wenn diese beleidigend sein sollte. Falls Sie sich beleidigt fühlen oder sich unsicher sind, ob sie eine bestimmte Frage beantworten müssen, fragen Sie unbesorgt den Richter/die Richterin. Das Gericht ist auch dazu da, sich um Sie zu kümmern und Sie zu schützen. 

Die Zeugenaussage vor Gericht

Vereidigt werden Sie nur im Ausnahmefall. Als Opfer der Straftat, um die es in der Verhandlung geht, werden Sie in aller Regel nicht vereidigt. Es gibt auch keinen Zeugenstand, wo Sie ins Kreuzverhör genommen werden, wie Sie das vielleicht aus amerikanischen Filmen oder Serien kennen.

Die Zeugenaussage vor Gericht

Zeugenaussage ist Bürgerpflicht. Ihr Arbeitgeber hat kein Recht, Ihnen die Wahrnehmung Ihres Gerichtstermins zu untersagen. Allerdings muss der Arbeitgeber Sie nicht bezahlt freistellen. Wenn Sie durch die Zeugenaussage einen Verdienstausfall haben, bekommen Sie eine Entschädigung, das Zeugengeld, vom Gericht. 

Die Zeugenaussage vor Gericht

Alle ZeugInnen haben Anspruch auf eine Entschädigung. Sie erhalten auch Ersatz für die notwendigen und tatsächlich entstandenen Fahrtkosten. Der Antrag dafür liegt Ihrer Zeugenladung bei. 

Noch einige praktische Tipps:

Die Zeugenaussage vor Gericht

Nein, Sie müssen keine bestimmte Kleidung für Ihre Zeugenaussage auswählen. Es gibt vor Gericht keine Kleidungsvorschriften. Ziehen Sie etwas an, womit Sie sich wohl und sicher fühlen. Trotzdem gilt, dass viele Personen vor Gericht etwas formeller gekleidet sind als sie es normalerweise im Alltag sein würden. Seien Sie also darauf gefasst, dass sich gerade die JuristInnen etwas formeller kleiden und in der Regel Businesskleidung, zum Beispiel Anzüge, tragen. Das ist aber keine Regel für Sie, an die Sie sich halten müssen. Sie dürfen nur keine Sonnenbrille oder Mütze in der Verhandlung tragen. 

Die Zeugenaussage vor Gericht

Versuchen Sie genügend Zeit für den Weg zum Gericht und ins Gericht einzuplanen und seien Sie mindestens 15 Minuten früher da, um sich in Ruhe auf die Verhandlung vorzubereiten. Vielleicht müssen Sie noch die Toilette besuchen oder sich einen Moment der Ruhe nehmen. Sie ersparen sich unnötigen Stress, wenn Sie rechtzeitig bei Gericht ankommen. 

Die Zeugenaussage vor Gericht

Eine Gerichtsverhandlung ist kein idealer Ort, kleine Kinder mitzubringen. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Kinder zuhause von einer Vertrauensperson betreut werden, während Sie bei der Verhandlung sind. Falls das gar nicht möglich sein sollte, gibt es in vielen Gerichten, die Zeugenwartezimmer haben, mittlerweile Spielzeug für Kinder. Das ist eigentlich dazu gedacht, dass kindliche ZeugInnen dort spielen können. Eine Vertrauensperson kann dort mit Ihrem Kind warten und es betreuen, während Sie aussagen. 

Zum Seitenanfang