Auf dieser Seite finden Sie Erläuterungen zur psychischen Erkrankung. Die Informationen richten sich an alle Personen, die sich näher über den Verlauf, die Ursachen und Behandlungsmethoden informieren wollen.
Im Polizeialltag treffen Sie wahrscheinlich häufig auf Personen, die entweder akut eine psychische Störung[1] haben oder in der Vergangenheit schon einmal eine psychische Störung hatten. Denn mehr als jeder vierte Mensch in Deutschland (27,8%) erfüllt im Laufe eines Jahres die Kriterien für eine psychische Störung[2]. Das entspricht rund 17,8 Millionen Menschen. Die häufigsten Diagnosen sind Angststörungen, Depressionen und Störungen durch Alkohol- oder Medikamentengebrauch (Jacobi et al., 2014). Den allermeisten Betroffenen sieht oder merkt man die Erkrankung aber nicht als Fremder von außen an. Viele arbeiten weiterhin oder nach einer akuten Krise wieder und gestalten ihre Freizeit. Das heißt, dass man vermutlich bei den meisten Menschen mit einer psychischen Erkrankung, die man trifft, davon gar nicht erfährt.
[1] Der Begriff psychische Störung wird äquivalent zum Begriff psychische Erkrankung verwendet.
[2] Jacobi, F., Höfler, M., Strehle, J., Mack, S., Gerschler, A., Scholl, L., Busch, M.A., Maske, U., Hapke, U., Gaebel, W.,Maier, W., Wagner, M., Zielasek, J., Wittchen, H.-U (2014). Psychische Störungen in der Allgemeinbevölkerung. Der Nervenarzt, 85(1), 77-87.
Besonders in Erinnerung bleiben Ihnen möglicherweise die psychisch erkrankten Menschen, die Sie in Ihrem beruflichen Alltag immer wieder treffen und bei denen man einen chronischen Krankheitsverlauf annimmt. Das trifft insgesamt jedoch nur auf einen geringen Anteil der Menschen zu, die die Diagnose einer psychischen Erkrankung haben oder hatten. Durch natürliche Schwankungen im Befinden, Veränderung von Lebensumständen oder durch angemessene Behandlung kann jederzeit eine deutliche Besserung eintreten, sodass medizinisch gesehen keine psychische Störung mehr vorliegt. Oft kommt es auch danach nicht noch einmal zu einer Krankheitsphase. Manchmal kann es sein, dass nach einigen Monaten oder Jahren die Symptome noch einmal zeitweise zurückkommen, dann spricht man von einem episodischen Krankheitsverlauf. Zwischen den Episoden liegt in der Regel eine Zeit mit nur wenigen oder gar keinen Symptomen.
Studien deuten darauf hin, dass weniger als die Hälfte der Menschen, die die Kriterien für eine psychische Störung erfüllen, professionelle Hilfe aufsuchen (Jacobi et al., 2014). Dabei gibt es wissenschaftlich belegte, wirksame Verfahren, um psychische Erkrankungen zu behandeln. Zur Behandlung von psychischen Störungen wird in der Regel entweder eine Psychotherapie oder eine medikamentöse Behandlung oder die Kombination aus beidem eingesetzt. Die Wahl der Therapiemethode hängt unter anderem vom Wunsch der Patient*innen, deren Lebenssituation und der spezifischen Diagnose mit den jeweiligen Empfehlungen der nationalen Leitlinien[1] ab. Meistens kann die Therapie ambulant erfolgen, manchmal entscheiden sich Betroffene auch zu freiwilligen stationären Therapien. Ein Aufenthalt in einer Psychiatrie gegen den Willen von Betroffenen ist insgesamt sehr selten und erfolgt nur auf richterliche Anordnung hin. Aktuelle fachliche Leitlinien erkennen an, dass Zwangsmaßnahmen für die betroffenen Patient*innen traumatisierend sein können und das notwendige Vertrauensverhältnis für eine erfolgreiche Behandlung gefährden. Deshalb sind alle Mittel und Wege zur Vermeidung von Zwang auszuschöpfen[2].
[1] Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.V. Leitlinien sind online abrufbar unter: https://www.awmf.org/leitlinien.
[2] DGPPN S3-Leitlinie Verhinderung von Zwang. Online abrufbar unter: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/038-022.html.
Als psychische Störung wird ein bestimmtes Muster aus psychischen Beschwerden/Symptomen bezeichnet. Gemeinsam ist dabei den verschiedenen psychischen Störungen, dass sie eine intensive psychische Belastung darstellen und mit Beeinträchtigungen im Alltag und in der Leistungsfähigkeit verbunden sind. Die Intensität der Beeinträchtigungen kann jedoch in ganz unterschiedlichem Ausmaß auftreten.
Psychische Symptome betreffen in der Regel das Denken, Fühlen und Verhalten einer Person, häufig aber auch das körperliche Wohlbefinden. Es können ganz unterschiedliche psychische Beschwerden in ganz unterschiedlichem Ausmaß auftreten (zum Beispiel Schlafstörungen, Veränderungen in der Stimmung, Angst-/Unruhezustände). Die meisten Menschen erleben ab und zu psychische Beschwerden oder fühlen sich innerlich belastet. Das kann zum Beispiel als vorübergehende Reaktion auf belastende Erlebnisse oder stressige Lebensphasen ganz normal sein (z.B. Tod einer nahestehenden Person, Arbeitsplatzverlust, Trennungen, körperliche Erkrankungen). Oft verschwinden die Beschwerden nach einer Zeit von alleine wieder und beeinflussen nicht allzu sehr oder allzu lange das Alltagsleben.
Wo die Grenze zu einer behandlungsbedürftigen psychischen Störung wie einer Depression verläuft, lässt sich nicht absolut beantworten. Ausschlaggebend kann unter anderem die Dauer, Intensität oder Beeinträchtigung durch die Beschwerden sein. Ein Facharzt/eine Fachärztin oder ein psychologischer Psychotherapeut/eine psychologische Psychotherapeutin muss in jedem Einzelfall überprüfen, ob eine psychische Störung vorliegt und welche Diagnose zu stellen ist. Zur Diagnose werden die diagnostischen Kriterien aus dem internationalen Klassifikationssystem für Krankheiten (ICD-10) verwendet.
Die Kriterien für eine Depression umfassen, dass für einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen beinahe durchgängig mindestens zwei der folgenden drei Symptome auftreten:
Darüber hinaus muss für die Diagnosestellung mindestens eins der folgenden Symptome erfüllt sein, sodass insgesamt mindestens vier Symptome erfüllt sind. Sind mehr erfüllt, deutet das auf einen höheren Schweregrad der Depression hin.
Die Beschwerden im Denken, Fühlen und Handeln beeinflussen sich gegenseitig. Der Verlauf und welche Symptome genau oder zuerst auftreten ist individuell. Die Entwicklung von ersten Symptomen hin zu einer depressiven Störung verläuft meistens schleichend.