In der Lehre des Arbeitsbereichs gehört der Erwerb gesellschaftlicher Sach,- Orientierungs- und Handlungskompetenz als Basis politischer, ökonomischer und sozialer Mündigkeit zu den profilbildenden Charakteristika. Dies setzt voraussetzt, dass Studierende und Lernende an Schulen die Fähigkeit erwerben, gesellschaftliche Probleme aus unterschiedlichen, kontroversen sozialwissenschaftlichen Perspektiven zu analysieren und die Ergebnisse ihrer Analyse miteinander in Beziehung zu setzen. Darüber hinaus anerkennt der Bielefelder Ansatz, dass gesellschaftliche Probleme transdisziplinär und meist umstritten sind und dass ihre Erschließung und Bearbeitung den Einsatz einer Vielfalt von theoretischen und empirischen Zugriffen der Sozialwissenschaften sowie die Deutung unterschiedlicher Interessenlagen verlangen. Daraus ergibt sich nach unserer Auffassung, dass plurale und kontroverse Zugänge der Beschreibung, Analyse, Deutung und Beurteilung eine Grundvoraussetzung des Lernen und Studierens im sozialwissenschaftlichen Feld sind. In diesem Kontext steht auch die Entwicklung und Überprüfung des Konzepts der sozioökonomischen Bildung.
Ausgehend von unserem Verständnis von sozialwissenschaftlicher Bildung müssen Lerninhalte bei der didaktischen Analyse aus der Lebenswelt der Lernenden begründet werden. Die zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer zu qualifizieren, die Lernenden beim Erwerb von politischer, ökonomischer und sozialer Mündigkeit sowie gesellschaftlicher Teilhabe in sozialer Verantwortung zu unterstützen, darin sehen wir die zentrale Aufgabe der Didaktik der Sozialwissenschaft an der Universität Bielefeld.
Die Bielefelder Tradition sozialwissenschaftlicher Bildung geht zurück bis in die 1970er Jahre. Im Bereich der Wirtschaftsdidaktik war es vor allem Peter Weinbrenner, der seit Mitte der siebziger Jahre einen sozialwissenschaftlichen und zugleich ideologiekritischen, später auch ökologisch orientierten Ansatz sozioökonomischer Bildung begründet und weiterentwickelt hat. Auch sein Konzept einer arbeitsorientierten politischen Bildung wird im Arbeitsbereich aufgenommen und fortgeführt. Friedrich-Wilhelm Dörge entwickelte eine Bildung für mündige Verbraucher. Im Bereich der sozialwissenschaftlichen Didaktik entwickelten Jürgen Feldhoff und Karl A. Otto an der Fakultät für Soziologie in den 1980er Jahren ein Aufsehen erregendes, weil soziologisch angelegtes und kritisch ausgelegtes „Projekt Betriebspraktikum“. An der Universität Bielefeld betrieb Gerd E. Famulla eine kritische, sozialwissenschaftliche Auseinandersetzung mit der herrschenden Betriebswirtschaftslehre und dem Menschenbild des homo oeconomicus. Hier entwickelte er auch seine Konzepte der Berufs- und Arbeitsweltorientierung; auch die gendersensiblen sozialwissenschaftlichen Konzepte der Berufsorientierung von Doris Lemmermöhle stammen aus Bielefelder Forschungszusammenhängen. Für die Didaktik des Sachunterrichts entwickelte Joachim Kahlert das transdisziplinäre Konzept „Didaktischer Netze“ und Dietmar von Reeken legte integrative Konzeptionen zum historischen und politischen Lernen vor.
Alle Ansätze orientierten sich kritisch an gesellschaftlichen Problemen. Heute sieht sich der Arbeitsbereich Didaktik der Sozialwissenschaften der Tradition von Interdisziplinarität, sozialwissenschaftlicher Integration, Problemorientierung und kritischer Reflexion verpflichtet.
Seit Beginn der sozialwissenschaftlichen Lehrerausbildung hat die Universität Bielefeld dort ihre Gründungsidee der Interdisziplinarität umgesetzt und daran anschließend innovative integrative Studienformen und Veranstaltungsformate entwickelt. Die historische Dimension der gesellschaftlichen Verhältnisse und die historische Gestalt der Sozialwissenschaften waren durch die Beteiligung der Abteilung Geschichtswissenschaft in zentralen Veranstaltungen präsent. Innovative Lehrformate der strukturierten Integration unterschiedlicher disziplinärer Perspektiven prägen bis heute die Lehrerausbildung an der Fakultät für Soziologie.
Veranstaltungen des Arbeitsbereiches entnehmen Sie bitte dem ekVV.