Die Systematische Theologie hat innerhalb des Fächerkanons der Theologie die Aufgabe, den christlichen Glauben in einer gedanklich nachvollziehbaren, geordneten (systematischen) Weise sowie in Auseinandersetzung mit dem aktuellen gesellschaftlichen Kontext zu verantworten. Auf der Basis der Erkenntnisse der Biblischen Theologie, der Kirchengeschichte und der Religionswissenschaft sowie des aufmerksamen Studiums der gesellschaftlichen Lage arbeitet die Sytematische Theologie daran, den christlichen Glauben in der jeweiligen Gesellschaft auf relevante Weise verstehbar und kommunizierbar zu machen. Damit ist Systematische Theologie weder unmittelbare Verkündigung – wie sie von der Kanzel praktiziert wird – noch ist sie eine distanzierte und rein deskriptive Beschäftigung mit Religion – wie sie etwa in der Religionssoziologie praktiziert wird. Sie ist vielmehr die Bedingung von verantwortlicher Verkündigung. In der Verbindung von Ergebnissen der Biblischen Theologie und der Kirchengeschichte mit der geistigen und sozialen Situation der Zeit hat sie eine doppelte Funktion. Erstens verhütet die Reflexivität der Systematischen Theologie eine platte und tendenziell fundamentalistische Anwendung dessen, was man für biblische Wahrheiten hält, auf menschliche Lebenszusammenhänge. Zweitens ermöglicht sie aber gerade durch diese Funktion eine wirklich relevante Darstellung christlichen Glaubens und erschließt damit die Möglichkeit, dass christliche Wahrheit sich ereignet. Zum Beispiel wird man nicht einmal in der Grundschule Gott – wie in den Psalmen – als einen Mann darstellen, der auf einem Streitwagen durch die Wolken fährt. Vielmehr wird man sich nach dem theologischen Sinn hinter solchen Darstellungen fragen, dies mit dem Gottesbild Jesu vermitteln, sich nach der theologischen Bedeutung der Morde von Auschwitz fragen und schließlich zu einem reifen Gottesbild kommen, welches im Schulunterricht vermittelt werden kann. Das Studium der Systematischen Theologie setzt nicht nur gute Kenntnisse in den anderen theologischen Disziplinen voraus. Es erfordert auch eine verantwortlich staatsbürgerliche Informiertheit über die Situation der Zeit. Vor allem aber ist es ohne eine engagierte Auseinandersetzung mit der eigenen theologischen Position im Rahmen des gesellschaftlichen Kontexts und im Blick auf die Vertretung der evangelischen Theologie im Schulunterricht nicht zu leisten.