Global investieren, lokal vergleichen? Nationalisierung und Internationalisierung von Standards der Immobilienbewertung seit den 1970er Jahren
Das Projekt erforscht die Entstehung, die Implementierung und die Auswirkungen von Standards der Immobilienbewertung in Großbritannien und der BRD zwischen 1970 und ca. 1995. In theoretischer Hinsicht erörtert es damit die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Praktiken des Vergleichens und Prozessen der Standardisierung. In empirischer Hinsicht untersucht es zu diesem Zweck die Debatten über Bewertungsstandards für Immobilien in Großbritannien (Teilstudie 1) und der Bundesrepublik Deutschland (Teilstudie 2) in ihrem internationalen Kontext.
Dabei gehen wir im Projekt erstens davon aus, dass in beiden Ländern seit den 1970er Jahren Diskussionen über Standards der Immobilienbewertung entstanden sind, die in engem Zusammenhang mit Veränderungen der Marktsituation, mit Liberalisierungstendenzen und mit der Öffnung des Immobiliensektors für den internationalen Kapitalverkehr standen. Zweitens liegt dem Projekt die Vermutung zugrunde, dass die konkreten Auswirkungen dieser Faktoren in Großbritannien und der BRD sehr unterschiedlich waren. Die Standardisierung von Vergleichspraktiken wurde von unterschiedlichen communities of practice betrieben und brachte so trotz ähnlicher Absichten verschiedenartige Ergebnisse hervor. Aus diesen Unterschieden ergaben sich drittens unmittelbare Rückwirkungen auf die im Rahmen von Bewertungen vollzogenen Vergleiche, die erhebliche Konsequenzen für die Markttransparenz und die Volatilität des Immobiliensektors in den beiden Ländern hatten.
Vergleichen und ökonomisches Bewerten hängen eng miteinander zusammen. Das Teilprojekt untersucht das genaue Verhältnis dieser beiden Tätigkeiten. Inwiefern beruhen ökonomische Werte auf Vergleichspraktiken? Wie wirkt sich der Wandel solcher Vergleichspraktiken auf das Bewerten aus? Dieses Problemfeld wird anhand des Beispiels der Immobilienbewertung in Großbritannien und den deutschen Territorien zwischen 1750 und 1950 bearbeitet. Die Leitthese ist, dass in diesem Zeitraum eine Dynamisierung, Differenzierung und Formalisierung von Vergleichspraktiken stattfand, die zu weitreichenden Veränderungen der ökonomischen Bewertungspraxis führte.