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BiProfessional

Das Bielefelder Standortprojekt im Rahmen der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ von Bund und Ländern

© Universität Bielefeld

Professionalisierung durch die Konfrontation Subjektiver und wissenschaftlicher Theorien zu gutem inklusivem Unterricht

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Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Johannes Koch

BiProfessional wird im Rahmen der gemeinsamen Qualitätsoffensive Lehrerbildung von Bund und Ländern aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert (Förderkennzeichen 01JA1908).

Die Gestaltung eines inklusiven Schulsystems erfordert, dass Lehrkräfte über Kompetenzen verfügen, die im Rahmen inklusionssensibler Lehrer*innenbildung anzubahnen sind. In der ersten Projektphase wurde ein Seminarkonzept entwickelt, das zur Förderung entsprechender Kompetenzen an den Subjektiven Theorien von Lehramtsstudierenden ansetzt. Diese werden mit pädagogisch-psychologischen, schulpädagogischen und sonderpädagogischen Theorien konfrontiert, wobei die disziplinären Perspektiven im Sinne einer kohärenten Lehrer*innenbildung systematisch aufeinander bezogen werden. Mit den Zielen der Implementierung und des Transfers sollen in der laufenden zweiten Projektphase andere Hochschullehrende in der Durchführung des Seminarkonzepts geschult werden. Bei der Evaluation und evidenzbasierten Optimierung ist die Erprobung digitaler Bausteine ein zentrales Anliegen. 

Um der interdisziplinären Ausrichtung der Maßnahme Rechnung zu tragen, kommen bei der Evaluation im Sinne von Mixed-Methods sowohl quantitative Verfahren (z.B. Varianzanalysen) als auch qualitative Verfahren (z.B. Grounded Theory) zum Einsatz.

Das Seminar wurde bislang bereits in verschiedenen Varianten durchgeführt und jeweils im Rahmen eines Prä-Post-Follow-up-Designs mit Kontrollgruppe evaluiert. Zur Erfassung der inklusionsbezogenen Einstellungen und des bildungswissenschaftlichen Wissens wurden standardisierte Messinstrumente eingesetzt. Varianzanalysen ergaben, dass Studierende durch den Besuch des Seminars signifikant positivere Einstellungen zu Inklusion entwickeln und ihr bildungswissenschaftliches Wissen statistisch bedeutsam ausbauen können (vgl. Faix et al., 2019b). Auf Basis vergleichender Analysen von verschiedenen Seminardurchläufen und -varianten konnten für die Wirksamkeit des Seminar relevante Gelingensbedingungen (z.B. Gruppengröße, Raumgestaltung, Ressourcen für Teamteaching) identifiziert werden.

Die längsschnittliche Auswertung von Strukturlegeplänen und problemzentrierten Interviews auf Basis der Grounded-Theory-Methodologie hat ergeben, dass sich die Subjektiven Theorien der Studierenden über guten inklusiven Unterricht im Verlauf des Seminars ausdifferenzieren. Bei der Integration neuen Wissens treten vielfach kognitive Dissonanzen auf, die sich in Abhängigkeit von der Ambiguitätstoleranz der Studierenden auf die inklusionsbezogenen Einstellungen auswirken können (vgl. Faix, 2020).

Mit der Entwicklung, Evaluation und breiten Implementation des Seminarkonzepts soll langfristig a) ein Beitrag zu einer kohärenten Wissensvermittlung in den Bildungswissenschaften und b) zur Professionalisierung des für eine inklusionssensible Lehrer*innenbildung verantwortlichen pädagogischen Personals geleistet werden.

In der aktuellen zweiten Förderphase steht die Vorbereitung, Umsetzung und Evaluation umfassender Transferaktivitäten (andere Qualifizierungsphasen, andere Lehrende am eigenen Standort und an anderen Hochschulen) im Zentrum. Dazu wird das Seminarkonzept mitsamt der entwickelten Materialien aufbereitet und – im Sinne eines Train-the-Trainer-Ansatzes – erneut mit den bewährten Instrumenten evaluiert. Dabei soll nicht nur die Transferierbarkeit des Seminarkonzepts als Ganzes, sondern auch die Übertragbarkeit einzelner didaktischer Elemente geprüft werden.

So wurden in der ersten Projektphase Lehrvideos produziert, in denen die unterschiedlichen disziplinären Perspektiven auf guten inklusiven Unterricht erläutert werden. Diese wurden und werden im Zuge der coronabedingten Digitalisierung der Lehre bereits in anderen Lehrveranstaltungen eingesetzt und im Hinblick auf Ihre Nützlichkeit geprüft.

Zwei weitere, zentrale Seminarbausteine werden derzeit ebenfalls in digitaler Form erprobt.
Hierbei handelt es sich zum einen um ein von teilnehmenden Studierenden zu erstellendes Beobachtungsraster zur Bewertung von inklusivem Unterricht. Dieses didaktische Element zielt darauf ab, dass die (in der Input-Phase vermittelten) Kriterien, die in der Sonderpädagogik, der Schulpädagogik und der Pädagogischen Psychologie zur Beurteilung der Unterrichtsqualität herangezogen werden, von Studierenden angewendet werden und sie so eine umfassende Beurteilungskompetenz erlangen.

Zum anderen wurde eine Strukturlegetechnik hochschuldidaktisch adaptiert, damit die Studierenden ihre einschlägigen Subjektiven Theorien systematisch reflektieren und bearbeiten können (Faix et al., 2020a). Die Strukturlegetechnik kann somit als Forschungs- und Evaluationsinstrument zur Abbildung sich entwickelnder kognitiver Strukturen eingesetzt werden und zugleich in didaktischer Hinsicht als Reflexionsinstrument bzw. Verfahren zur Ermittlung von Lernständen und Subjektiven Theorien. Sie stellt damit einen methodisch-didaktischen Baustein dar, der in anderen bildungswissenschaftlichen Lehrveranstaltungen mit Gewinn einsetzbar sein sollte.

Ausgewählte Publikationen in Fachzeitschriften:

Lütje-Klose, B., Streese, B., Faix, A.-C., Textor, A., & Wild, E. (2018). Seminarsitzungsplanung „Grundlagen schulischer Inklusion und sonderpädagogischer Förderkategorien“ mit dem Buddy-Book. Herausforderung Lehrer_innenbildung, 1(1), 17-25.

Faix, A.-C., Lütje-Klose, B., Textor, A., & Wild, E. (2019a). Ist das guter inklusiver Unterricht? Mit Videoanalysen und Hospitationen von der Theorie zur Praxisreflexion. Herausforderung Lehrer_innenbildung, 2(3), 1-19.

Faix, A.-C., Wild, E., Lütje-Klose, B., & Textor, A. (2019b). Professionalisierung für inklusiven Unterricht im Rahmen interdisziplinärer und videogestützter Lehrveranstaltungen. Journal für Psychologie, 27(2), 71-94.

Faix, A.-C., Lütje-Klose, B., Textor, A., & Wild, E. (2020a). Strukturlegepläne als hochschuldidaktisches Instrument zur Lehrevaluation und Reflexion Subjektiver Theorien. Herausforderung Lehrer_innenbildung, 3(1), 523-537.

Faix, A.-C. (2020b, i. D.). „Lehrersein ist ja irgendwie von Widersprüchen irgendwo gekennzeichnet“ – Eine längsschnittliche Untersuchung Subjektiver Theorien von Lehramtsstudierenden über guten inklusiven Unterricht. Pädagogische Horizonte, 4(2).

 

Ausgewählte Vorträge und Posterpräsentationen:

Faix, A.-C. (2017). Veränderung Subjektiver Theorien von Lehramtsstudierenden über guten inklusiven Unterricht. Posterpräsentation im Rahmen der 52. Dozententagung der Sektion Sonderpädagogik (DGfE) vom 20.-22.09.2017 an der Technischen Universität Dresden. (Ausgezeichnet mit dem Posterpreis der Sektion Sonderpädagogik und des Waxmann-Verlages).

Faix, A.-C., Gorges, J., & Textor, A. (2018). Wie bringe ich Studierenden nahe, woran guter inklusiver Unterricht zu erkennen ist? Entwicklung, Evaluation und Veröffentlichung eines interdisziplinären Lehrkonzeptes. Vortrag im Rahmen des Programmworkshops 2018 „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ CHANcen Gestalten – Inklusionsorientierung in der Lehrerbildung als Impuls für Entwicklungsprozesse in Hochschulen.. 19.02.2018 in Dortmund.

Lütje-Klose, B, (2020). Professionswissen und Lehrer*innenbildung: Heterogenität, Adaptivität, Inklusion. Arbeitskreis Qualität von Schule 26.2.2020 in Hamburg.

Textor, A. (2019). Workshop Inklusion in der Lehrer*innenbildung. Eingeladener Vortrag an der RWTH Aachen am 09.07.2019.

Wild, E. (2017). Inklusion – ausgewählte Erkenntnisse in ihren Implikationen für die Lehreraus- und –fortbildung. Vortrag im Rahmen des Institutskolloquiums am Institut für Erziehungswissenschaft am 24.05.2017 in Jena.

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