Mit einem Stipendium kann das Studium teil- oder vollfinanziert werden. Im Zentrum der Förderung im Hochschulkontext stehen die 13 großen Begabtenförderungswerke. Zu den Begabtenförderungswerken zählen z.B. Stiftungen der Parteien und Gewerkschaften, Werke konfessioneller Träger oder wirtschaftsnahe Stiftungen. Ergänzt wird die Förderlandschaft durch weitere Stiftungen, die z.B. fach- oder ortsbezogene Stipendien an Studierende und Nachwuchswissenschaftler*innen vergeben oder auch durch Unternehmen, Hochschulen oder Privatpersonen. Einige wenige Stiftungen adressieren spezifisch Studierende mit Behinderung, chronischer oder psychischer Erkrankung.
Generell ist das Vorliegen einer Behinderung, chronischen oder psychischen Erkrankung kein Ausschlussgrund für ein Stipendium. Viele Stipendiengebende berücksichtigen zudem die Belange von Studierenden und Nachwuchswissenschaftler*innen mit Behinderung, chronischer oder psychischer Erkrankung. Hier lohnt es sich, genau zu recherchieren und gegebenenfalls bei den Stiftungen und Stipendienwerken nachzufragen.
Wichtig: Interessierte Studierende sollten sich frühzeitig über Stipendienmöglichkeiten und Bewerbungsfristen informieren.
Die 13 deutschen Begabtenförderungswerke fördern besonders talentierte und engagierte Studierende und Promovierende finanziell und ideell mit einem Vollstipendium. Die Werke bekennen sich zu einer gemeinsamen Wertebasis (PDF) und spiegeln den Pluralismus und die gesellschaftliche Diversität in Deutschland wieder. Zentrale Grundwerte sind die Prinzipien der liberalen Demokratie und des freiheitlichen Rechtsstaates.
Stipendien werden an Studierende und Promovierende vergeben, deren Begabung, Motivation und Persönlichkeit besondere Leistungen an der Hochschule und im Beruf sowie die Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung erwarten lassen. Eine Behinderung, chronische oder psychische Erkrankung steht einer Bewerbung um ein Stipendium nicht entgegen.
Die Vergabe von Stipendien basiert auf drei Auswahlkriterien:
Auf dieser Basis setzen die jeweiligen Werke eigene Schwerpunkte bei den Voraussetzungen, die Stipendiat*innen erfüllen müssen. Es lohnt sich in jedem Fall, die Anforderungen an die Bewerber*innen und die Inhalte der einzelnen Werke miteinander zu vergleichen, um das individuell passende Werk zu finden.
Promovierende müssen zusätzliche Voraussetzungen erfüllen. So müssen z.B. ihre bisherigen Studien- und Prüfungsleistungen eine besondere Befähigung zum wissenschaftlichen Arbeiten darlegen. Das Promotionsvorhaben soll einen relevanten Forschungsbeitrag im jeweiligen Fach leisten.
Die Begabtenförderungswerke werden mit Mitteln vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie von weiteren staatlichen und nicht-staatlichen Trägern unterstützt. Sie unterliegen den Richtlinien des BMBF. Daher müssen die Werke die spezifische Situation von Studierenden und Nachwuchswissenschaftler*innen mit Behinderung im Sinne des Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung (Behindertengleichstellungsgesetz – BGG) berücksichtigen. Mit Bezug auf §1 BGG ist von den Werken die Vermeidung einer Benachteiligung bei der Förderung von Menschen mit Behinderung besonders zu beachten. Wie eine Benachteiligung vermieden werden kann, ist im Einzelfall mit dem zuständigen Werk zu klären.
Die Laufzeit der Grundförderung für Studierende orientiert sich an der im BAföG festgelegten Förderungshöchstdauer. Im Einzelfall kann die Förderung u.a. aufgrund einer Behinderung für einen angemessenen Zeitraum verlängert werden. Dabei werden strenge Maßstäbe angelegt und die Verlängerung der Förderdauer muss nachprüfbar begründet und in der Förderakte des*der Stipendiat*in festgehalten werden. Studierende mit Behinderung, chronischer oder psychischer Erkrankung, die aufgrund ihrer Beeinträchtigung eine Verlängerung der Förderdauer beantragen wollen, sollten sich frühzeitig bei ihrem Werk oder den*der Vertrauensdozent*in dazu beraten lassen.
Die Regelförderungsdauer von Promovierenden beträgt drei Jahre. Promovierende können eine Förderverlängerung um höchstens ein Jahr beantragen, wenn der*die Stipendiat*in aufgrund einer Behinderung oder Krankheit am Arbeitsfortgang des Promotionsvorhabens gehindert ist. Außerdem kann die Förderung aus gesundheitlichen Gründen mit Zustimmung des Werkes für höchstens ein Jahr unterbrochen werden. Die Gründe müssen im Einzelnen dargelegt werden.
Die Höhe der finanziellen Förderung ist bei allen Begabtenförderungswerken gleich. Studierende erhalten eine sogenannten Grundförderung, die sich an der Höhe des Bafögs orientiert und abhängig von eigenem Einkommen bzw. dem Einkommen von Eltern oder Ehepartner*in ist. Zusätzlich erhalten Studierende monatlich eine einkommensunabhängige Studienkostenpauschale.
Promovierende werden elternunabhängig gefördert. Außerdem können geförderte Promovierende Fahrtkostenpauschalen sowie Familien- und Kinderzuschläge bekommen.
Zur ideellen Förderung gehören z.B. Seminare, Tagungen und Schulungen, in denen Stipendiat*innen sich gemeinsam und über weltanschauliche, religiöse und politische Grenzen hinweg mit gesellschaftlichen Fragen und Herausforderungen differenziert auseinandersetzen. Individuelle Betreuung durch das Stipendienwerk, Auslandsförderung sowie die Vernetzung in Hochschulgruppen und Alumni-Netzwerken sind weitere Bestandteile eines Stipendiums. Vertrauensdozent*innen der Werke stehen als Ansprechpartner*innen vor Ort zur Verfügung.
Umfangreiche Informationen zu den Stipendien der Begabtenförderungswerke bietet das Portal StipendiumPlus
Studierende der Universität Bielefeld können sich bei der Stiftung Studienfonds OWL um ein Stipendium bewerben. Bei dieser Stiftung handelt es sich um ein Kooperationsprojekt der fünf Hochschulen in Ostwestfalen-Lippe. Studierende werden mit zwei Programmlinien gefördert, dem Sozialstipendium und dem Deutschlandstipendium.
Das Sozialstipendium ist besonders für Studierende mit Behinderung, chronischer oder psychischer Erkrankung interessant, die aufgrund ihrer Beeinträchtigung z.B. keinem Nebenjob während des Studiums nachgehen können und zeitweise finanzielle Hilfen zum Lebensunterhalt benötigen.
Stipendiat*innen werden für zwei Semester mit einem monatlichen Beitrag zum Lebensunterhalt finanziell unterstützt. Außerdem können sie ein umfangreiches ideelles Förderprogramm mit Workshops, Kontakten zu Unternehmen, Mentoring und mehr in Anspruch nehmen. Die Teilnahme am ideellen Förderprogramm ist dabei erwünscht.
Das Sozialstipendium wird an Studierende der Universität Bielefeld vergeben, die sich ohne eigenes Verschulden nachweislich in einer finanziellen oder persönlichen Notlage befinden. Bewerber*innen müssen mindestens befriedigende Schul- oder Studienleistungen vorweisen.
Die Auswahl der Stipendiat*innen erfolgt aufgrund der eingereichten Bewerbungsunterlagen. Es finden keine Auswahlgespräche statt. Das vorrangige Auswahlkriterium ist das Vorliegen einer finanziellen oder persönlichen Bedürftigkeit bzw. Notlage. Gesellschaftliches Engagement ist, entgegen zu vielen anderen Stipendienwerken, ein nachrangiges Auswahlkriterium.
Unterbrechungen des Studiums, wie sie z.B. bei einer krankheits- oder behinderungsbedingten Beurlaubung auftreten können, sind im Einzelfall mit der Stiftung Studienfonds OWL zu vereinbaren.
Wichtig: Eine Schwerbehinderung erfüllt das Kriterium der persönlichen Bedürftigkeit. Bei sonst gleicher Eignung werden schwerbehinderte Studierende bei der Vergabe bevorzugt behandelt.
Beim Bezug eines Sozialstipendiums kann sich der BAföG-Satz möglicherweise reduzieren. Stipendiat*innen sollten sich rechtzeitig beim zuständigen BAföG-Amt informieren.
Das Deutschlandstipendium wird von der Universität Bielefeld vergeben und zeichnet sich durch die Verbindung von staatlicher Förderung und zivilgesellschaftlichem Engagement aus. Das Stipendium wird zu einer Hälfte durch Mittel der Bundesregierung und zur anderen Hälfte durch Spendengelder getragen, die die teilnehmenden Hochschulen bzw. für die Universität Bielefeld der Studienfonds OWL einwerben.
Mit einem Deutschlandstipendium können begabte und leistungsstarke Studierende der Universität Bielefeld gefördert werden. Die Auswahlkriterien umfassen neben den Leistungen in Schule oder Universität auch das gesellschaftliche Engagement der Bewerber*innen. Zusätzlich werden besondere soziale, familiäre oder persönliche Umstände der Bewerber*innen berücksichtigt. Darunter fällt z.B. die Überwindung biografischer Hürden, die sich aus der familiären oder kulturellen Herkunft ergeben.
Stipendiat*innen des Deutschlandstipendiums werden für zwei Jahre ideell und finanziell gefördert. Nach einem Jahr erfolgt eine Leistungsüberprüfung.
Stipendiat*innen erhalten einkommens- und bafögunabhängig einen monatlichen Betrag in Ergänzung zum eigenen Lebensunterhalt. Das Deutschlandstipendium kann nur teilweise neben weiteren Stipendien bezogen werden. Die gleichzeitige Förderung bei einem Begabtenförderungswerk ist beispielsweise ausgeschlossen. Interessierte, die bereits ein Stipendium einer weiteren Fördereinrichtung erhalten, sollten sich vorher über die Zulässigkeit der ergänzenden Förderung durch ein Deutschlandstipendium informieren.
Das Besondere des Deutschlandstipendiums ist das umfangreiche ideelle Förderprogramm, bestehend aus z.B. Workshops, Mentoring, kulturellen Veranstaltungen oder Unternehmensbesichtigungen.
Einige private Stiftungen fördern ausschließlich Studierende mit Behinderung oder einer chronischen Erkrankung.
aktion luftsprung – Stiftung für chronisch schwerstkranke Kinder und Jugendliche
Die Stiftung aktion luftsprung vergibt im Rahmen des Programms luftsprung campus fünf Stipendien pro Jahr an Studierende oder Auszubildende. Stipendiat*innen erhalten monatlich finanzielle Unterstützungsleistungen ergänzend zu ihrem Lebensunterhalt wie Kindesunterhalt, BAföG oder ähnlichem. Dies soll den Stipendiat*innen ermöglichen, ohne die Belastung zusätzlicher Tätigkeiten wie z.B. Nebenjobs ihrem Studium nachzugehen und ihr Leben führen zu können. Zusätzlich werden die Stipendiat*innen vom stiftungseigenen Mentor*innenteam begleitet und bei der Berufswahl unterstützt.
Die Förderdauer beträgt ein Jahr. Eine Wiederbewerbung ist zulässig.
Bewerben können sich alle jungen Erwachsenen mit einer systemischen chronischen Erkrankung, insbesondere Menschen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, Multipler Sklerose, Rheumatoider Arthritis oder Cystischer Fibrose bzw. Mukoviszidose. Bewerber*innen müssen über einen qualifizierten Schulabschluss verfügen und einen Immatrikulations- bzw. Ausbildungsplatznachweis erbringen.
Google Europe Scholarship for Students with Disabilites
Das Google Europe Scholarship for Student with Disabilites fördert gemeinsam mit der gemeinnützigen Organisation EmployAbility Studierende mit Behinderung, chronischer oder psychischer Erkrankung, die an einer europäischen oder israelischen Hochschule im Bereich Informatik, technische Informatik und verwandten Studienfächern studieren oder promovieren. Weitere Voraussetzungen für ein Stipendium sind sehr gute Studienleistungen. Stipendiat*innen erhalten im Förderjahr eine einmalige finanzielle Zuwendung, die nur für Kosten des Studiums, z.B. Studiengebühren, Lehrbücher und andere erforderliche Studienmaterialien verwendet werden darf.
Stiftung Darmerkrankungen
Die Stiftung Darmerkrankung fördert ausschließlich Menschen mit Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa mit einem einmaligen finanziellen Ausbildungsstipendium.
Das Stipendium ist für studien- und ausbildungsbezogenene Ausgaben vorgesehen, z.B. für die Realisierung eines individuellen Aus- oder Weiterbildungsvorhabens, die Anschaffung von Lehrmaterialien oder Fachliteratur oder auch die Finanzierung von Auslandsaufenthalten. Lebenshaltungskosten oder behinderungsbedingte Mehrbedarfe können über das Stipendium nicht gedeckt werden. Im Einzelfall können zum Studienende Wohn- und Fahrtkosten übernommen werden, um die Zeit der Abschlussprüfungen oder der Abschlussarbeit zu überbrücken.
Bewerber*innen dürfen nicht älter als 35 Jahre sein. Zum Zeitpunkt der Bewerbung darf das Bildungsvorhaben noch nicht abgeschlossen sein und sollte spätestens bis Ende des Förderzeitraumes von einem Jahr beginnen.