Die Materialwerkstatt knüpft mit ihrem Bezug zum Projektunterricht sowohl an fächerübergreifende Aspekte der Vermittlung als auch an fachspezifische Fragen der Fächer Kunst und Musik an. Diese fachspezifischen Entwicklungen im Bereich Kunst und Musik bildeten den Ausgangspunkt für eine Kooperation mit dem BMBF-Verbundprojekt ComeArts (vgl. https://comearts.uni-due.de/ ) [1], das primär auf Desiderate des Transfers von Fortbildungsformaten für Lehrkräfte in diesem Fächerspektrum gerichtet ist. Entsprechend sollen gemeinsam mit den Kooperationspartner:innen auch Fragen gelingender Fortbildungspraxis thematisiert werden.
Im Zentrum der OS-Materialwerkstatt sollen allerdings zunächst Versuche der Übertragung bereits existierender Materialien bzw. Ansätze der Kooperationsuniversitäten auf den Oberstufenunterricht erprobt werden. Denn, so zeigte sich bei der Sichtung des Forschungsstandes, dass häufig Materialien für die Grundschule und die Sekundarstufe I vorliegen, vergleichbar vielfältige Konzepte für den Oberstufenunterricht aber noch Mangelware darstellen. Dementsprechend wurde die Kooperation mit dem Verbundprojekt dahingehend gestaltet, einerseits gemeinsam mit den Lehrerforscher:innen sowie der Referentin der Versuchsschule für Bildung in der digitalen Welt Materialien für die Oberstufe zu entwickeln und andererseits Fortbildungsformate der Kooperationspartner:innen kritisch zu begleiten, indem aus schulpraktischer Perspektive auf Leerstellen in den Fortbildungskonzeptionen hingewiesen werden soll.
Materialentwicklung am OS im Kontext des „ComeNet Arts Musik“ (Ansprechpartnerin: Manu Köstner)
Im Rahmen der Kooperation mit dem „ComeNet Arts Musik“ soll am Oberstufen-Kolleg Bielefeld in Zusammenarbeit mit der Universität zu Köln und der Musikhochschule Detmold ein am Oberstufen-Kolleg durchzuführendes Unterrichtsvorhaben für den Kaeb-Kurs „Demokratische Partizipation und Musik“ entwickelt und erprobt werden. Dieser Kurs ist Teil des Kursverbunds „Demokratische Partizipation“ in dem derzeit neben Musik die Fächer Politik und Philosophie vertreten sind. Er ist sowohl jahrgangsübergreifend für die Jahrgängen 11-13 als auch in 1/3 der Unterrichtszeit kursübergreifend zur Bearbeitung von Schulentwicklungsthemen aus Lernenden-Sicht konzipiert. In der übrigen 2/3 Unterrichtszeit, die kurs- und fachgebunden stattfindet, setzten sich die Kursteilnehmenden mit Zusammenhängen zwischen Musik, Politik und Gesellschaft in Geschichte und Gegenwart auseinander. Mit fachbezogenen Kenntnissen und Methoden sollen sie zunächst lernen, Musik in verschiedenen Kontexten von Politik und Gesellschaft differenziert in den Blick zu nehmen, deren Funktion und Wirkung zu analysieren und aus der Fachperspektive von Musik zu bewerten. Auf Basis dieser entwickelten Fachkompetenzen sollen die Kursteilnehmenden anschließend selbst als Songwriter:innen und Musikproduzent:innen kreativ in Aktion treten, indem sie KI-gestützt eigene politische Musik gestalten. Die dabei entstandenen musikalischen Produkte sollen Bestandteil von unterrichtlichen Bewertungskontexten werden, wozu kriteriengeleitete Bewertungsbögen zur Leistungsbewertung entstehen sollen. Hierbei wird die Herausforderung darin liegen, die Leistung von KI und die kreative gestalterische Leistung der Prüflinge auszudifferenzieren und angemessen zu bewerten.
Materialentwicklung am OS im Kontext des „ComeNet Arts Kunst“ (Ansprechpartner: Gereon Inger)
Entsprechend der Verortung im kunstdidaktischen Diskurs der Kooperationspartner:innen soll in der OS-Materialentwicklung für das Fach Kunst ebenfalls an produktionsorientierten didaktischen Settings im Kontext einer postdigitalen Kultur gearbeitet werden. Hier soll bspw. das Entwerfen eines zielgruppenspezifischen Bildes/ Schriftmotivs eingeübt und die Ausführung und Gestaltung vermittelt über KI-generierte Verfahren unterstützt werden. Neben der Motivwahl und dem Erlernen der technischen Kompetenzen (bspw. Datei mit entsprechenden Maßen, Anschnitt, Auflösung, Farbraum) wird das Zeichnen (Form und Schattierung mit Farben entsprechend der Entwurfsidee) gefördert, um schließlich das Originalbild unsichtbar werden zu lassen und nur die eigene Zeichnung zu dokumentieren (inkl. angemessener Schrift auf passende Weise angeordnet und gefärbt). Hinzu kommt die Reflexion des Produktionsprozesses, die auch einen Bildkommentar umfasst (bspw. Zweck und gewünschte Wirkungen bei der Zielgruppe und daraus begründet ableiten, warum Format, Motive, Farben, Formen, Bildaufteilung und Schrift gewählt wurden). Ähnlich wie in dem Unterrichtsvorhaben im Bereich Musik ergeben sich auch hier zahlreiche Fragen mit Blick auf die Bewertung der Kompetenzen der Schüler:innen.
Materialentwicklung am OS im Kontext des „ComeNet Arts Across“ (Ansprechpartnerin: Mira Thomsen)
Ausgehend von den zuvor für die Fächer Kunst und Musik dargestellten fachdidaktischen Überlegungen und Positionierungen existiert im ComeArts-Verbundprojekt auch ein Teilprojekt, das versucht, ästhetische Elemente jenseits des Fachunterrichts stärker zu fokussieren, das ComeNet Arts Across. In Kooperation mit der an der Universität zu Köln angesiedelten interdisziplinären Transferstelle Regio wurde daher sondiert, welche Beiträge das OS zum „Lernbereich Ästhetische Erziehung/Medienbildung“ (s.o.) leisten kann. Hierbei wurde deutlich, dass insbesondere die seit vielen Jahren am Oberstufen-Kolleg etablierten Projektwochen und die damit einhergehende „Projektdidaktik“ (Emer, 2019) einen hervorragenden Ort darstellen, um in diesem Lernsetting mit Blick auf den „Lernbereich Ästhetische Erziehung/Medienbildung“ neue didaktische Elemente zu erproben. Wir hoffen damit einen Beitrag für den „Lernbereich Ästhetische Erziehung/Medienbildung“ im Regelsystem zu leisten, wenn solche Konzeptionen entweder dort – wo diese an Schulen ebenfalls eingerichtet wurden – für Projektwochen, oder den in NRW laut Curricula in der Oberstufe auch für Regelschulen möglichen „Projektkursen“ eingesetzt werden könnten.
Reflexion schulischer Gelingensbedingungen von Fortbildungen jenseits klassischer Wirksamkeitsforschung (Ansprechpartner: Martin Heinrich)
In der konkreten Abstimmung und Zusammenarbeit mit den universitären Kooperationspartner:innen zeigte sich, dass nicht nur die oberstufenspezifische Perspektive der Lehrenden der Versuchsschule und der Referentin für Bildung in der digitalen Welt mit Blick auf die Adaption von Materialien für die Oberstufe von Bedeutung ist, sondern auch die besondere schulpraktische Perspektive hinsichtlich der Fortbildungssettings. Der spezifische Mehrwert der schulpraktischen Perspektive zeigt sich darin, dass Lehrkräfte einen anderen Blick auf Gelingensbedingungen von Lehrkräftefortbildung haben als dies typischerweise in der gängigen Forschung zur Wirksamkeit von Fortbildungsveranstaltungen (bspw. Lipowsky & Rzejak; 2019) thematisiert wird. Zwar existieren auch Leitfäden mit einem praxisnahen Anspruch (Lipowsky & Rzejak; 2021a) und auch die Forschung wendet sich in jüngster Zeit zunehmend Prozessmerkmalen von Fortbildungen zu (Rzejak; 2024), gleichwohl variieren die Perspektiven von Praktiker:innen und Forscher:innen weiterhin oftmals (Lau & Koisser, 2023). In der OS-Materialwerkstatt soll daher der Blick auch hierauf gerichtet werden.
Literatur
Emer, W. (2019). Projektdidaktik in der Praxis: Feldstudie aus dem Oberstufen-Kolleg zu Weiterentwicklung und Transfer der Projektdidaktik. WE_OS-Jb – Jahrbuch Der Wissenschaftlichen Einrichtung Oberstufen-Kolleg, 2(1), 36–41. https://doi.org/10.4119/we_os-3184
Lau, R., & Koisser, S. (2023). Das Oberstufen-Kolleg bildet fort: Ein Konzept für Fortbildungen durch Praxisforscher*innen am und mit dem Oberstufen-Kolleg. WE_OS-Jb – Jahrbuch Der Wissenschaftlichen Einrichtung Oberstufen-Kolleg, 6, 40–71. https://doi.org/10.11576/we_os-6352
Lipowsky, F., & Rzejak, D. (2019). Was macht Fortbildungen für Lehrkräfte erfolgreich? – Ein Update. In B. Groot-Wilken & R. Koerber (Hrsg.), Nachhaltige Professionalisierung für Lehrerinnen und Lehrer (S. 15–56). wbv Media.
Lipowsky, F. & Rzejak, D. (2021). Fortbildungen für Lehrpersonen wirksam gestalten. Ein praxisorientierter und forschungsgestützter Leitfaden. Bertelsmann Stiftung.
Rzejak, D.; Groschner, A.; Lipowsky, F.; Richter, D. & Calcagni, E. (2024). Dimensionen der Prozessqualität von Fortbildungsveranstaltungen für Lehrkräfte. In: DDS – Die Deutsche Schule, 116. Jahrgang 2024, Heft 2, S. 212–224; https://doi.org/10.31244/dds.2024.02.10
[1] Das BMBF-Verbundprojekt „ComeArts | fortbilden durch vernetzen – vernetzen durch fortbilden Gelingensbedingungen diversitätssensibler, digitalisierungs- und digitalitätsbezogener Fortbildungsmodule für die Fächer Kunst und Musik in Community Networks“ (Förderkennzeichen 01JA23K01A-H) ist ein Verbundprojekt der Universitäten Bielefeld, Duisburg-Essen, Köln, Nürnberg-Erlangen, Oldenburg sowie der PH Karlsruhe und der Kunstakademie Düsseldorf im Rahmen des Kompetenzverbundes lernen:digital (https://lernen.digital/).