Ein Modul für interdisziplinären Austausch und zum Einblick gewinnen in den wissenschaftlichen Alltag. Unabhängig von Fach und Fachsemester sind alle Studierenden herzlich eingeladen, sich angeleitet von Lehrenden aus verschiedenen Disziplinen über ein aktuelles gesellschaftlich relevantes Thema auszutauschen und Problemlösungen zu entwickeln.
Die Integrativen Wissensperspektiven bieten in jedem Wintersemester ein interdisziplinäres Modul an, das sich besonders gut für eine Strukturierung der Individuellen Ergänzung eignet. Die einzelnen Veranstaltungen werden von interdisziplinär zusammengesetzten Tandems von Lehrenden gestaltet, so dass nicht allein das Modul als Ganzes, sondern jede einzelne Veranstaltung eine Mehrzahl disziplinärer Perspektiven in sich vereinigt. Die Seminarteilnehmenden halten zum Ende der Veranstaltung interdisziplinäre Vorträge zu einem Thema aus dem Inhaltskreis des Moduls.
Das Modul richtet sich ausdrücklich an alle Studierenden, unabhängig von Fach und Fachsemester. Wir wollen gemeinsam den interdisziplinären Austausch fördern und die Möglichkeit geben, einen Eindruck vom wissenschaftlichen Alltag zu gewinnen. Alles wissenschaftliche Arbeiten basiert auf dem Austausch von Ideen, deshalb sind für Studierende aller Fächer die Fähigkeiten des Diskutierens und Vortragens sowie eine offene Einstellung gegenüber anderen disziplinären Perspektiven unabdingbar für fortgeschrittenes wissenschaftliches Arbeiten. Im Seminar steht daher die gemeinsame Diskussion im Vordergrund, während in den Workshops wissenschaftliches Arbeiten, insbesondere der Vortrag, geübt werden.
Die Veranstaltung für das Wintersemester 24/25 widmet sich dem Thema "Technosphäre". Anmeldungen sind im ekVV möglich unter der Belegnummer 218612.
Die meisten Probleme und Forschungsgebiete sind heutzutage so komplex, dass sie eine einzelne Person nicht überblicken kann. Daher spezialisieren sich Wissenschaftler_innen auf ein Gebiet, das klein genug ist, um Expert_in zu werden. Doch von von dem eigenen kleinen Teilgebiet bis zur Lösung eines komplexen gesellschaftlichen Problems ist es ein weiter Weg. Klimaforschende können z.B. viele Daten liefern, aber jemand anderes muss sich mit diesen Daten auseinandersetzen und z.B. herausarbeiten welche Auswirkungen der Klimawandel auf die Gesellschaft hat. Das geht schlecht in Isolation. Stattdessen setzen sich diese Wissenschaftler_innen zusammen und treten so in einen interdisziplinären Dialog. Für viele unser akutellen gesellschaftlichen Fragen und Probleme brauchen wir auch viele verschiedene Perspektiven.
Es ist daher wichtig, dass Wissenschaftler_innen vermehrt in Dialog treten. Forschende können so neue Impulse für Fragestellungen, aber auch für neue Methoden bekommen. Ideen aus z.B. Mathematik, Evolutionsbiologie, Physik, Sozialwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften finden sich auch in ganz anderen Disziplinen wieder. Interdisziplinarität bereichert also alle beteiligten Disziplinen und Forschende mit frischen Ideen und spannenden Fortschritten.
Aktuell besonders wichtig ist natürlich die Bewältigung unserer globalen Probleme und Krisen. Klimawandel, Armut, Digitalisierung, Pandemien usw. beeinflussen viele unserer Lebensbereiche und sind daher auch nicht von einer Disziplin lösbar. Neben verschiedenen naturwissenschaftlichen und technischen Disziplinen brauchen wir für nachhaltige Problemlösungen auch sozial- und geisteswissenschaftliche Perspektiven. Diese sind dazu ausgerüstet soziale, politische und wirtschaftliche Auswirkungen zu beurteilen, liefern selbst aber auch wichtige Daten.
Interdisziplinarität bedeutet daher, dass es zwischen (möglichst vielen) Disziplinen einen produktiven Austausch gibt. Diese Integration verschiedener Wissensperspektiven benötigen wir heute, um immer komplexer werdende Herausforderungen anzugehen.
Die Integrativen Wissensperspektiven wurden ins Leben gerufen, um die interdisziplinären Ansätze seit Gründung der Universität Bielefeld weiter auszubauen. Wir wollen allen Studierenden ermöglichen, sowohl einen Eindruck von interdisziplinärer Arbeit zu bekommen als auch die dazugehörigen Kompetenzen zu erwerben.
Im Zentrum jedes Seminars steht daher der gemeinsame Austausch. Die Veranstaltung lebt davon, dass sich die teilnehmenden Studierenden und Lehrende im Gespräch befinden und so miteinander und voneinander lernen. Auf diese Weise wird einerseits das nötige Hindergrundwissen vermittelt und anderseits werden Fragen diskutiert und Problemlösungen erarbeitet. Ziel ist es sowohl Diskussionskultur zu lernen, als auch die Fähigkeit sich mit fachfremden Inhalten interaktiv auseinanderzusetzen und sie kreativ in die eigene Arbeit einzubinden.
In den über das Semester verteilten Workshops lernen die Studierenden mehr von dem Handwerkszeug der Wissenschaftler_innen. Behandelte Themen sind z.B.: Was macht wissenschaftliches Arbeiten aus? Wie finde ich eine konkrete These oder Fragestellung für meine Arbeit? Wie recherchiere ich gründlich? Wie baue ich einen wissenschaftlichen Vortrag auf? Wie gewinne ich das Publikum für meinen Vortrag?
Die Workshops werden vom PeerLearning der Universität Bielefeld durchgeführt.
In der abschließenden Studierendenkonferenz besteht schließlich die Möglichkeit, das Gelernte in die Tat umzusetzen. Wir simulieren eine wissenschaftliche Konferenz im ZiF (Zentrum für Interdisziplinäre Forschung). Dort halten die Studierenden jeweils einen kurzen Vortrag zu einem an das Seminar angegliederten Thema. Voraussetzung ist, dass das Thema aus mehreren Perspektiven heraus aufgearbeitet wird. Im Anschluss an die Vorträge gibt es weiteren Raum für Diskussionen.
Themen in den vergangenen Jahren waren
Im Zusammenhang des Moduls zu „Zeit“ ging es unter anderem um Zeit in der Relativitätstheorie, Reversibilität und Irreversibilität, Konzeptionen der Zeitrichtung, Erinnerungsbildung und Repräsentation zeitlicher Abläufe im Gehirn, kulturelle Erinnerung etc.
Im Modul zu „Alternative: Fakten“ standen die Replikationskrise in den Sozialwissenschaften, die Tücken statistisch gestützter Urteile, Methoden der Geltungsprüfung, kognitive Illusionen sowie Faktizität und Fiktionalität in der Literatur im Zentrum.
Das Modul zu „Krisen und ihre Bewältigung“ befasste sich mit Epidemiologie, Medizingeschichte, Umweltkrisen, Krisen und Umbrüchen im System des Wissens sowie dem ästhetischen Umgang mit Krisen.
Wir möchten eine möglichst große Bandbreite an Disziplinen einbinden, sowohl aus den Natur- als auch Geistes- und Sozialwissenschaften. Hier wollen wir einen kurzen Überblick über bisherige Themengebiete und die beteiligten Fachrichtungen geben.
WiSe14/15 "Entscheiden"
WiSe 15/16 "Zufall"
WiSe 16/17 "Information"
In diesem Semester haben wir die Tandemsitzungen aus mindestens zwei Disziplinen getestet.
WiSe 17/18 "Zeit"
WiSe 18/19 "Alternantive: Fakten. Wie sicher ist unser Wissen?"
Interdisziplinäre Lehrendenteams waren von großer Bereicherung, also wurden sie unser Standard.
WiSe 19/20 "Fortschritte im Verstehen der Welt"
WiSe 20/21 "Krisen und ihre Bewältigung: Was kann die Wissenschaft leisten?"
Als künftige Themen werden gegenwärtig diskutiert:
Einheit der Wissenschaft oder Vielfalt der Wissenschaften? Liefert uns die Wissenschaft ein inhaltlich zusammenhängendes Bild übergreifender Theorien oder einen Flickenteppich lokaler Modelle? Was hält die Wissenschaft in methodischer Hinsicht zusammen? Was sind die Grenzen der Wissenschaft?
Wie ist nachhaltiges Wirtschaften möglich? Wie lässt sich eine effiziente hochtechnologische Wirtschaft mit der Bewahrung des natürlichen Lebensraums verbinden? Welche kulturellen Anpassungsprozesse wären dafür erforderlich?
Welche praktischen Folgen hat Wissenschaft? Der Zusammenhang von Wissenschaft und Technik ist komplex und von Rückkopplungsschleifen geprägt. Gibt es angesichts dessen Möglichkeiten, Einfluss auf die Technologieentwicklung zu nehmen? Wie sieht verantwortungsvolle Forschung und Innovation aus? Welche Art von wissenschaftlicher Politikberatung ist sinnvoll, und welche Grenzen zwischen Wissenschaft und Politik sind zu respektieren?
Künstliche Intelligenz? Unterschiedliche Ausprägungen einschlägiger Systeme (expliziter Algorithmus vs. neuronale Netze), Ansprüche an KI (Turing Test oder Übereinstimmung auch der Funktionsweise mit menschlicher Intelligenz), Intransparenz von neuronalen Netzen und Wege zu deren Überwindung, gesellschaftliche Auswirkungen von KI (Herrschaft der Algorithmen?), Auswirkungen von KI auf die Wissenschaft: These der Zunahme von Erkenntnismöglichkeiten gegen die These der methodischen Verflachung (Korrelationen statt Kausalitäten), Computer als strittiges Vorbild des Verständnisses menschlicher Intelligenz.