Nationen- und Staatsvergleiche, Nobelpreisverleihungen, rassifizierende Analogien und derzeit die vielen coronabezogenen Vergleiche – Praktiken des Vergleichens sind allgegenwärtig. Sie formen das Argumentieren und Handeln einer Vielzahl von Akteuren in Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft und Politik. Praktiken des Vergleichens ordnen und verändern die Welt, errichten und hinterfragen soziale Hierarchien und Machtverhältnisse, in Geschichte und Gegenwart.
Der Sonderforschungsbereich 1288 untersucht die Geschichte der Vergleichspraktiken von der Antike bis zur Gegenwart und überführt sowohl die alltäglichen wie die institutionalisierten Formen als auch die wissenschaftlichen Methoden des Vergleichens in eine neue Forschungsagenda. Vergleichspraktiken sind mehr als eine vermeintlich objektive wissenschaftliche Methode. Wir stellen das Vergleichen als vielfältige Praxis ins Zentrum des Interesses, d.h. seine gesellschaftlichen und kulturellen Ursachen, die Verfahren sowie die Wirkungen des Vergleichens.
Wir untersuchen, wie Akteure durch Vergleichen langfristiges Wissen generieren, wie sie ihre comparata und tertia herstellen und gestalten, schließlich wie dadurch über konkrete Kontexte hinausgehende Verfestigungen oder Veränderungen angestoßen werden:
Wie konnten sich Vergleichspraktiken über einen längeren Zeitraum hinweg etablieren? Wie wurden sie verändert und verstetigt? Welche Grenzziehungen gingen damit einher? Aber auch: Welche standardisierenden und teilweise globalisierenden Effekte hatten sie?
Mithilfe des Wandels von Vergleichspraktiken lassen sich – so unsere These – sowohl globale historische Prozesse des Wandels untersuchen als auch Periodisierungen neu begründen. Somit leistet der SFB 1288 einen wesentlichen Beitrag zum langfristigen Forschungsziel, eine kontingenzsensible Theorie historischen Wandels zu entwickeln und die Genealogie der westlichen Moderne zu beschreiben.
In den nächsten vier Jahren konzentrieren wir uns auf die Analyse von Mustern des Vergleichens auf der Meso-Ebene: Wir fragen, wie Vergleichspraktiken in Praxisformationen (Diskurse, Organisationen, mediale Dispositive) und durch communities of practice verstetigt und institutionalisiert werden, und ob und wie sie dabei historischen Wandel provozieren, befördern oder begrenzen. Die Forschung bündeln wir in drei Projektbereiche die eng und vielfältig aufeinander bezogen sind.