Das Gesamtvorhaben zielt darauf, ein Konzept zu primären Prävention von psychischen Störungen und Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern (6-14 Jahre) psychisch erkrankter Eltern(-teile) (schizophrene und affektive Störungen) zu entwickeln, in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Bielefeld-Bethel (Interventionsgruppe) und der LWL-Klinik Gütersloh (Kontrollgruppe) zu erproben und hinsichtlich seiner erwartbaren Effektivität zu evaluieren.
Aus Studien ist bekannt, dass Kinder psychisch kranker Eltern ein vielfach erhöhtes Risiko aufweisen, im Verlauf ihrer Entwicklung selbst an einer psychischen Störung zu erkranken bzw. Verhaltensauffälligkeiten zu entwickeln (z.B. Downey/Coyne 1990; Rutter/Quinton 1984). In Familien mit psychisch erkrankten Eltern(-teilen) treten Belastungen (z.B. Absenz der Eltern, mangelhafte Kommunikation, sozialer Statusverlust, Stigmatisierung, Tabuisierung, soziale Scham etc.) auf, die in die Entwicklungsdynamik von Heranwachsenden eingreifen und deren Vulnerabilität erhöhen. Die Studie wird durchgeführt, da es - trotz hoher epidemiologischer Relevanz - bislang an wissenschaftlich fundierten, d.h. erprobten und im Rahmen von Evaluation bewerteten Präventionskonzepten für Kinder mit psychisch erkrankten Eltern(-teilen) mangelt.
Das Angebot umfasst vier verhaltenspräventiv orientierte und ein verhältnispräventiv ausgerichtetes Element.
Eltern-, Kind- und Familiengespräche:
Im Vordergrund der Eltern- und Familiengespräche stehen die Information und Aufklärung beider Elternteile über die psychische Störung sowie die altersangemessene Information und Aufklärung der Kinder. Mit den Familiengesprächen wird das Ziel verfolgt, die elterliche Krankheit innerhalb der Familie zu enttabuisieren und damit Ängste und Schuldgefühle bei den Kindern zu reduzieren. Es soll ein familiäres Verständnis der Erkrankung erreicht werden sowie die Verbesserung der Kommunikation über die Erkrankung und die damit verbundenen Probleme in der Familie.
Patenschaften:
Patenschaften werden fakultativ angeboten, um den Kindern psychisch erkrankter Eltern bei Bedarf eine kontinuierliche Bezugsperson zur Seite zu stellen, die eine längerfristige und regelmäßige Unterstützung auch in Behandlungszeiten des Elternteils bieten kann. Ein Ziel des Patenschaftsangebots ist eine Fremdunterbringung der Kinder - die in der Regel eine erhebliche Belastung darstellt - im Behandlungsfall der Eltern zu vermeiden. Ein weiteres Ziel ist es, den Kindern Normalität und Orientierung zu vermitteln, die ihnen aufgrund der elterlichen Beziehungsunsicherheit oftmals fehlt.
Kanu-Elterntraining:
Mit dem Kanu-Programm soll Eltern Erziehungskompetenz vermittelt werden. Zu den Zielen des Angebots gehört die aktive Übernahme der elterliche Rolle, eine Verbesserung der Beziehungs- und Kommunikationsfähigkeit sowie die Reduzierung von psychischen Krisen.
Kanu-Gruppenangebot für Kinder und Jugendliche:
Im Rahmen der primärpräventiven Intervention wird ein Skilltraining für Kinder psychisch erkrankter Eltern zur Förderung ihrer Lebenskompetenzen durchgeführt. Im Zentrum des Skilltrainings stehen drei zentrale Ziele:
Durch sportliche und kreative Aktivitäten soll der Austausch mit anderen betroffenen Kindern gefördert und den Kindern eine ihrem Alter entsprechende Aktivität angeboten werden.
Vernetzung und Qualifizierung: Bestehende Kooperationshürden zwischen Erwachsenenpsychiatrie und Jugendhilfe verhindern oftmals eine wirkungsvolle Prävention bei Kindern psychisch kranker Eltern. Zur Verbesserung der Zusammenarbeit und des Wissens über die Unterstützungsmöglichkeiten aus dem jeweils anderen Hilfesystem wird das Projekt als Plattform genutzt und im Rahmen von Seminaren, Workshops und Fachtagungen der gegenseitige Austausch gefördert.