Die Chronik der Gemeinde Mennighüffen (heute ein Stadtteil von Löhne, Nordrhein-Westfalen) umfasst zunächst die Jahre 1818 bis 1848 und geht dann in knapper Form weiter bis zum Jahr 18861. Im Zeitabschnitt 1818 bis 1848 werden detailliert für jeden Monat des jeweiligen Jahres die Getreidepreise, Unglücksfälle, Sterbefälle, Witterungsverhältnisse, Regierungserklärungen, Trauungen und Geburten in der Gemeinde dokumentiert. Die für die Unterrichtsreihe ausgewählten Abschnitte umfassen die Jahre 1805 bis 1848. Zu den Quellen: Der Chronik vorangestellt ist eine Verordnung (Q1). Sie legen fest, was die Chronik beinhalten soll und was nicht. Die eigentliche Chronik startet mit einer Vorgeschichte. Das heißt, das 18. Jahrhundert wird kurz abgehandelt. Dabei schildert der Chronist bissig satirisch (es wird nicht ganz ersichtlich, wer der Chronist eigentlich ist) mit einigen Seitenhieben auf die neuen Herren die Geschichte der Gemeinde unter der französischen Herrschaft Napoleons (Q2). Vergleicht man diesen Abschnitt mit anderen Quellen aus der Zeit, dann ist sie geradezu typisch für die damals entstehende Nationalbewegung. Quelle 3 befasst sich mit dem Ausbruch der Cholera in Mennighüffen im Jahr 1831 und den Maßnahmen zu ihrer Eindämmung. Am 7. Juni 1840 stirbt der preußische König Friedrich Wilhelm III. In Mennighüffen wird getrauert. Das Testament Wilhelms III. erscheint in einer gedruckten Fassung und die königstreuen Beileidsbekundungen in Quelle 4 geben Einblicke in die Staatstreue der Bevölkerung. In vielen anderen Gemeindechroniken dürfte man ähnliche Äußerungen finden. Mit der vorletzten Quelle schweift die Unterrichtsreihe, im wahrsten Sinne des Wortes, ab. Ein Komet erscheint am 16. März 1843 über Mennighüffen (Q5). Der Chronist redet davon, dass sieben Jahre zuvor schon einmal ein Komet am Himmel erkennbar war. War damals der „Halleysche Komet“ in Mennighüffen zu sehen? In der letzten Quelle berichtet der Chronist kurz und knapp von der Märzrevolution 1848 in Berlin (Q6). Schwappte die Revolution über von der Hauptstadt auf die Provinz oder hatte sie keine Auswirkungen?
Die Mennighüffener Chronik zeigt die Ereignisse der „großen“ Politik und der alltäglichen Merkwürdigkeiten aus dem Blickwinkel einer Landgemeinde. Die ausgewählten Quellen lassen sich der „Höhenkammgeschichte“ des Schulbuchs gegenüberstellen, um zu verdeutlichen, wie viel beziehungsweise wie wenig von dem, was in den Zentren der Macht entschieden wurde, jenseits dieser Zentren eine Rolle spielte. Der Chronist stammt aus dem Bildungsbürgertum, verweist er doch von Zeit zu Zeit auf seine humanistische Schulbildung. Weil ähnliche Chroniken in allen Gemeinden des preußischen Staates geschrieben werden mussten, bietet es sich an, jeweils vor Ort nach entsprechenden Aufzeichnungen zu suchen und die Texte miteinander zu vergleichen. Die Materialien richten sich an SchülerInnen der Oberstufe und können zum Beispiel im Zusammenhang mit den Befreiungskriegen und der Revolution von 1848 eingesetzt werden.